Hat es wirklich Platz für alle? (Ausgabe 2006-38)

Peter Kuhn über den Direktreisen-Markt

Der Markteintritt von ITS Coop gibt Gelegenheit, sich Gedanken zum Markt für Direkt-Reisen zu machen. Ausgangspunkt für das Aufkommen solcher Reisen war der Vertrieb, ging es den Pionieren doch darum, neue Wege neben der klassischen Reisebüro-Schiene zu finden. So kam es zu Kooperationen mit Grossverteilern, Versandhäusern und ähnlichen Organisationen mit einem grossen Adressvolumen. Diese sorgten für die Distribution, der neue TO übernahm Ein- und Verkauf. Letzterer geschah praktisch ausschliesslich per Telefon, was tiefe Preise ermöglichte, ein weiteres Erfolgsmittel für den Start. Die neuen Anbieter waren jedenfalls erfolgreich. Hinzu kommt das wahrscheinlich wichtigste Kriterium: das Vertrauen. Die Veranstalter waren und sind dem breiten Publikum wenig oder  nicht bekannt. Wohl aber deren Partner wie Migros, Coop, Denner, Vögele, Pick-Pay, Ackermann, VAC und andere Marken.

Nachdem die grossen TO vorerst die Direkt-Anbieter belächelt hatten, sagten sie sich eines schönen Tages, es bringe mehr, den wohl nicht zu gewinnenden Kampf zur partiellen Rückführung der Kunden ins Reisebüro zugunsten einer Beteiligung an diesem lukrativen Markt aufzugeben. Denn mittlerweile war auch den klassischen TOs klar geworden, dass dieser neue Markt nicht nur stark ausbaufähig war, sondern sich gerade für neue Vertriebswege hervorragend eignet. Dazu kam und kommt weiter, dass ein Grossveranstalter mit eigener Direkt-Marke ein hervorragendes Tool zur Yield-Steuerung erhält.

Das war die Geburtsstunde für Reisen Netto und Easy. Diese Marken brauchen keine Kooperationspartner zur Schaffung von Vertrauen. Andere wie Mediashop und Net Tours haben sich nach dem klassischen Modell Denner-Vögele-Direkt Reisen Partner aus dem Versandhandel gesichert und so eine Vertrauensbasis für den Erfolg geschaffen. Letzten Endes ist auch Rewe in der Schweiz diesen Weg gegangen, indem sich der deutsche TO Nummer 3 den Vertrieb des Schweizer Detailhändlers Nummer 2 gesichert hat. Diese Kombination ist auf dem Papier stark. Und doch sucht sie den Erfolg mittels tiefer Preise. Weshalb wohl? Es ist zu vermuten, dass dies mit den Fluglösungen zu tun hat. Da muss sich der Newcomer in der Schweiz zuerst für alle Destinationen valable Partner suchen.  Mit Umsteigeverbindungen ab Friedrichshafen via Nürnberg in den Süden gewinnt man keine Stammkunden. Und um die gehts auch bei Direktanbietern, verursachen diese doch die tiefsten Kosten.