Im Fussball kommt alles anders (Ausgabe 2006-47)

Jean-Claude Raemy zu Parallelen zwischen Sport und Realität

Fussball ist ein Spiegel der Gesellschaft, heisst es von Soziologen oft. Entspricht das Geschehen auf dem Fussballplatz folglich auch dem Geschehen in der Geschäftswelt? Diese Frage stellten sich letzte Woche die Zuschauer bei der Partie TUI Suisse (FCZ) gegen Hotelplan (GC) wohl auch. Würde TUI mit 40 Spielern (= Katalogen) angreifen? Würde HP bereits Verstärkung durch Freistoss- und Kopfball-Spezialisten von Travelhouse erhalten? Würden die Belair-Flügel den Deutschland-geprägten Abwehrriegel von TUI durchbrechen? Würden die FCZ-Vertreter von TUI die GC-Vertreter von HP bodigen, wie im richtigen Fussball?

Es kam ganz anders. TUI führte zur Pause nicht mit 8% gegenüber Vorjahr, sondern mit 3:0 gegen HP. Doch das reichte nicht: TUI musste mit zunehmend ausgelaugten Akteuren die Partie auf dem schweren Terrain zu Ende spielen und wurde überrannt – wobei HP auf frische eigene Spezialisten setzte, nicht auf Travelhouse-Hilfskräfte.

Die hochrangigen Manager beider Teams, die in den letzten Wochen viel Applaus hatten einziehen dürfen, bekamen dieses Mal die harte Realität im Förrlibuck zu spüren: Matt Huwiler, der forsche Chef von Flex, ein Manager vom Typ «Angreifer», agierte überraschenderweise im Tor, was ihm auch ziemlich gut gelang, bis er nach einem unglücklichen Zusammenprall mit einem Bänderriss raus musste. TUI-CEO Martin Wittwer, sonst ein umsichtiger «Berner», rackerte sich im Stile einer klassischen Nummer 6 quer durch das Feld, überraschte mit guter Kondition und viel Kampf. Doch auch er blieb nicht unbeschadet: Nach dem Spiel quälte ihn eine Zerrung. Hotelplans Konzernchef Christof Zuber, der geduldig auf seine Chance wartet, bevor er zuschlägt – wie beim  Travelhouse-Deal –, schien diesmal so «heiss» zu sein, dass er nach zwei Minuten wieder vom Feld musste. Statt anzugreifen, sah er, von einer Überdehnung geplagt, von der Seitenlinie zu. Unverletzt blieb von den Top-Managern lediglich HPSG-CEO Peter Spring, der auf der rechten Abwehrseite eine solide Leistung zeigte: Sparsam mit seiner Energie, praktisch fehlerfrei, teamorientiert.

Fazit: Je eine Halbzeit gehörte je einem Team. Sieger war zuletzt HP, doch TUI gewann als Sponsor, da der FC Zürich die Grasshoppers kurz nach dem Spiel mit 1:0 bodigte. Und: Die Partie wurde nicht mit derart harten Bandagen geführt, wie es die beiden Firmen sonst im Geschäftsleben gegeneinander austragen. Insofern ist Fussball viel besser als die Gesellschaft. Man freut sich aber dennoch auf die angekündigte Revanche. Dann vielleicht ohne Top-Manager.