Wer erbt Nazar’s 30 Millionen Franken? (Ausgabe 2007-12)

Norman C. Bandi über TUI und First Choice in der Schweiz

Die erste Bombe platzte am 15. März: TI findet heraus, dass Michael Grütter bei Nazar Holiday gekündigt hat. Er hatte die Leitung der Schweizer Tochter von First Choice vor sechs Jahren übernommen. Grütter verlässt die Firma nach eigenen Angaben im gegenseitigen Einverständnis. Er hinterlässt ein Team von zehn Mitarbeitenden (darunter seine Frau), das nun ohne Schweizer Kopf dasteht.

Wusste Grütter mehr? Sicher. In letzter Zeit war er häufiger im Ausland. Unter anderem fand vor kurzem ein Treffen aller Manager von First Choice auf Mallorca statt. Dabei dürfte die Fusion mit TUI das Hauptthema gewesen sein. Ob bei Grütter so alte Erinnerungen hochgekommen sind? Man muss davon ausgehen. Er hat vor zehn Jahren bereits die Fusion von Imholz, TUI und Vögele (ITV) mitgemacht. Zwei Jahre später wurde Grütter freigestellt.

Die zweite Bombe platzte am 19. März: TUI und First Choice fusionieren. So entsteht der weltweit grösste Touristikkonzern mit einem Gesamtumsatz von umgerechnet CHF 29 Mia. Davon entfallen gerade mal CHF 0,639 Mia. auf die Schweiz: CHF 609 Mio. auf TUI Suisse und CHF 30 Mio. auf Nazar. Mittels Diversifikation und Herzblut hat Grütter in den letzten Jahren den Spezialisten auf Kurs gebracht. Heute hat Nazar nicht nur für die Türkei einen Namen, obwohl die «Ur-Destination» weiterhin 50% ausmacht. Daneben hat man Mallorca, Malta und Zypern aufgenommen sowie Ägypten, Griechenland und Tunesien ausgebaut.

Wollte Grütter mehr? Sicher. Vorletzten Winter wollte Nazar in der Schweiz mit Brasilien auf der Langstrecke einsteigen. Daraus ist nichts geworden – trotz Charterlösung von Nazar in Deutschland. Danach war die Rede von den Kanarischen Inseln. Die neuen Linienflüge von Air Berlin ex Zürich haben sich geradezu aufgedrängt. Dennoch wurde daraus nichts. Auch Synergien des britischen Mutterhauses wollte Grütter nutzen. Einerseits wollte er letztes Jahr die Firma von Taurus Tours AG in First Choice Switzerland umfirmieren, jedoch die Marke Nazar beibehalten. Andererseits wollte er diesen Sommer das englische Ferienhaus-Produkt «Meonvillas» einführen. Ob ihn die Briten nicht machen lassen wollten, sei dahingestellt.

Die dritte Bombe platzte noch nicht: Was passiert mit Nazar in der Schweiz? Denkbar ist, dass die Firma als Marke in TUI Suisse aufgeht.  So würde TUI Suisse den Umsatz von Nazar erben.