Die grossen verleiben sich Lateinamerika ein (Ausgabe 2007-15)

Guido Casanova über Generalistentum Vs. Spezialistentum

Wieder hat ein Grosser einen Spezialisten übernommen. Beim Kauf von Dorado Latin Tours durch Kuoni handelt es sich jedoch nicht um eine «normale» Übernahme, um den Umsatz oder Gewinn zu steigern. Laut Kuoni-Pressemitteilung erzielte Dorado 2006 einen Umsatz von 7,5 Mio. Franken – dies entspricht nicht mal 0,8% des Nettoerlöses von Kuoni Schweiz. Kuoni wollte nur den Latino-Zug nicht verpassen.

Blick zurück: Auf die Saison 2005/06 ging ein Ruck durch den hiesigen Lateinamerika-Markt. Die Spezialisten rüsteten auf: Latino Travel ersetzte seinen Katalog «Latino Fieber» durch vier separate Prospekte. Salinatours wollte sich mit zwei getrennten Katalogen «Mexiko/Mittelamerika» und «Südamerika» als Nummer eins in der Schweizer Latino-Szene profilieren. Und aus der Romandie kam Nouveaux Mondes zum ersten Mal mit einem deutschen Katalog auf den Markt. Und Dorado Latin Tours warb Anfang 2006 nach fünf Jahren Unterbruch mit einem völlig überarbeiteten Katalog für seine Premium-Reisen. Die Spezialisten schienen den Generalisten den Rang abzulaufen.

Keine zwei Jahre danach sieht die Situation völlig umgekehrt aus. Im Januar 2006 übernahm die Knecht-Reisegruppe Latino Travel. Nouveaux Mondes beschloss im September 2006 seinen Rückzug aus der Deutschschweiz. Travelhouse/Salinatours wurde im November 2006 von der Hotelplan-Gruppe zu 70% übernommen. Flex Travel von TUI Suisse lancierte 2006/07 ein eigenes Programm. Kuoni gab im Februar 2007 bekannt, dass im August ein 280-seitiger Südamerika-Katalog erscheinen werde. Und letzte Woche kam es zum Dorado-Deal.

Was ist geschehen? Fakt ist, dass sich heute die grossen Vier (Kuoni, Hotelplan, TUI und Knecht) den Markt Lateinamerika aufteilen. Sind die Spezialisten gescheitert? Kaum – Latino und Dorado sind Marken, die sich dank der Erfahrung der Spezialisten im Premium-Segment etabliert haben. Sie werden auch nicht so schnell verschwinden. Doch sie brauchen einen starken Partner, der ihnen den Rücken freihält. Im Gegenzug erhalten die Generalisten das Know-how, das ihnen bisher gefehlt hat.

Die grosse Frage bleibt. Was hat Hotelplan mit Salinatours vor? Was ist das für ein Geheimprojekt, für das Hotelplan-Boss Christof Zuber den bisherigen Salinatours-Geschäftsführer Christian Schneider nach Glattbrugg holte? Im Hotelplan-Glaspalast will dazu noch niemand Stellung nehmen.