Migros setzt Retailer unter Verkaufsdruck (Ausgabe 2007-36)

Urs Hirt über das neue (Reise)Versicherungs-Angebot Migros Assistance

Die Lancierung von «Migros Assistance», einem Versicherungsangebot mit Pannenhilfe sowie Assistance Europa und Welt durch Migros, birgt in vielerlei Hinsicht Zündstoff. Da ist einmal die Elvia, ein etablierter Reiseversicherer und langjähriger Partner der Reisebranche, der nun auch mit der Migros zusammenarbeitet. Das ist legitim, aber mit der Migros Assistance konkurrenziert man die Reisebranche, und mit der Pannenhilfe greift man den TCS frontal an.

Elvia versucht zwar, die möglichen Folgen für die Reisebranche herunterzuspielen, doch die attraktiven Preise sprechen für sich. Elvia, ob direkt oder via Reisebüro, bietet die Pannenhilfe alleine nicht an. Der Migros-Preis von 55 Franken muss am TCS gemessen werden, bei dem der Mitgliederbeitrag inklusive Pannenhilfe und weiterer Leistungen je nach Kanton bei plus/minus 100 Franken liegt.

Viel aufschlussreicher für die Reisebranche ist ein Blick auf die Assistance-Angebote. Der ETI Schutzbrief Europa kostet zusätzlich zum TCS-Mitgliederbeitrag 93 Franken, der ETI Welt 164 Franken. Der Elvia Secure Trip Familie ist für 179 Franken zu haben (ohne Pannenhilfe), der Secure Trip Plus Familie für 330 Franken (inkl. Pannenhilfe). Die Migros Assistance, ebenfalls für eine ganze Familie gültig und unabhängig von der Pannenhilfe Schweiz (55 Franken) buchbar, kostet für Europa (inkl. Pannenhilfe) 78 Franken, für die ganze Welt 123 Franken.

Die Unterschiede in den Jahresprämien sind markant. Auch wenn die Leistungen nicht ganz identisch sind, so muss davon ausgegangen werden, dass das Leistungspaket der Migros den Bedürfnissen einer Familie entspricht. Ansonsten hätte Partner Elvia den Migros-Auftrag nicht erfüllt.

Interessant ist die Meinung von Thomas Tanner, Direktor des Mitbewerbers Europäische: «Bezüglich der Assistance-Versicherung sehe ich das mehr als Selbstkannibalisierung in der Reisebranche an. Reisebüros müssen damit rechnen, dass es in Zukunft beim Versuch, eine Reiseversicherung zu verkaufen, oft heissen wird, dass man die schon in der Migros gekauft habe. Kollateralschäden sind unvermeidlich.»

Die ersten Reaktionen aus der Branche überraschen durch ihre Zurückhaltung. Sollten die
lukrativen Reiseversicherungsverkäufe in den Reisebüros zugunsten der Migros markant
zurückgehen, wird sich die Branche aber lautstark zurückmelden.