Man pflegt noch einen zu netten Umgang mit LH/LX (Ausgabe 2015-32)

Der Hotelplan-Suisse-Chef fällt erneut mit markigen Worten zur GDS-Gebühr auf – und mit Taten.

Man bekommt den Eindruck, dass Sie in der DCC-Sache von der Branchenseite her den Lead übernommen haben. Ist dies gewollt?

Der Eindruck trügt, es gibt auch andere, die protestieren. Bewusst gesucht habe ich diese Rolle jedenfalls nicht. Da die Swiss immer wieder öffentlich beteuert, sie sei gesprächsbereit, sich aber keinen Millimeter auf die Branche zubewegt, gibt es gar keinen anderen Weg, als die Diskussion halböffentlich zu führen. Durch meinen unmissverständlichen Positionsbezug provoziere und polarisiere ich sicherlich. Aber es geht mir um die Sache und nicht um mich.

Sind Ihre Branchenkollegen Ihrer Meinung nach zu ruhig?

Ja und nein. Hinter den Kulissen wird vehement protestiert und es sind auch von unseren Konkurrenten Massnahmen gegen die Lufthansa Group und damit auch die Swiss eingeleitet worden. Persönlich bin ich der Meinung, dass das zu still geschieht und man einen nach wie vor «zu netten Umgang» pflegt.

Auf die GDS-Gebühr schlagen Sie nun noch einen Komplexitätszuschlag von CHF 10 drauf. Verschärfen Sie damit das Problem der Disparität nicht noch?

Auf den ersten Blick vielleicht schon. Aber wir wollen hier LH/LX nur mit ihren eigenen Argumenten schlagen. 

Wie lässt sich dieser Zuschlag im Detail begründen?

Wir bilden die Kostenwahrheit ab. Realistisch müsste der Aufschlag sogar viel höher sein. Noch extremer wäre es, wenn die Branche die Lufthansa-Agent-Website als Buchungsplattform akzeptieren würde. Jedes Reisebüro, das rechnen kann, müsste dann aufgrund der aufwendigeren Prozesse mindestens CHF 100 draufschlagen. Ich hoffe, dass niemand so unbedacht ist, diesen Vorschlag zu übernehmen. Bleibt uns also die GDS-Variante mit den CHF 16. 

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass es nicht nochmals eine Gebühr braucht. In der Praxis werden aber viel mehr Preisabklärungen und -erklärungen nötig sein. Die Tarife im GDS werden z.B. ja nicht schon mit den CHF 16 gelistet werden, sondern die Gebühr wird erst im Nachhinein aufgerechnet. Nur schon dies ist eine potenzielle Fallgrube für jeden Verkaufsmitarbeitenden. 

Wie fallen die ersten Reaktionen auf diesen Komplexitätszuschlag aus?

Ich kann erst für unseren Eigenvertrieb sprechen. Die Mitarbeitenden müssen ausbaden, was ich ihnen quasi einbrocke. Bis jetzt habe ich aber nur positive Rückmeldungen bekommen. Die Wut auf die LH/LX ist mittlerweile so stark, dass sie sogar einen Verkaufstopp mittragen würden. Aber so weit sind wir noch nicht.

Sehen Sie heute eine mögliche Alternative zum GDS?

Nein. 

Sie sprechen von einem «Potenzial für einen ausgewachsenen Handelskrieg». Wie würde ein solcher aussehen?

Zugegeben, das Wort «Krieg» ist hier wohl etwas martialisch. «Konflikt» wäre vermutlich etwas weniger dramatisch gewesen. Aber es beschreibt sehr wohl die gegenwärtige Situation.  Die Lufthansa Group wirft der weltweiten Reisebranche ohne jegliche Vorwarnung den Fehdehandschuh in Form dieser CHF 16 vor die Füsse, antwortet auf Schreiben mit standardisierten Worthülsen, geht auf keine Kompromissvorschläge ein und versucht renitente Vertragspartner mit Vergeltungsmassnahmen zum Schwenken der weissen Fahne zu bewegen. Es ist schwierig abzuschätzen, was ein langanhaltender Konflikt bedeuten würde. Sicher nichts Gutes. Aber ich bin Berufsoptimist; wir werden uns irgendwie arrangieren müssen.  

SJ