Kostenfrei umbuchen in Terror-Zeiten (Ausgabe 2016-04)

Ein Bärendienst für die Reisebüros?

Tunesien, Ägypten, Paris, Istanbul: Die Liste der terrorgefährdeten Ferienziele wird immer länger. Das verschärft ein Phänomen, das Reisebüros und Veranstalter ohnehin seit Langem beklagen: Die Reisenden entscheiden sich immer kurzfristiger und warten mit ihrer Buchung lieber ab – Frühbucherrabatte hin oder her. Die Lage scheint inzwischen dramatisch genug, dass einige Veranstalter zu ungewöhnlichen Mitteln greifen und das Umbuchen – teils unabhängig von der Destination – gebührenfrei anbieten. Natürlich ist das Ganze in erster Linie ein PR-Gag. Denn kostenlos umbuchen kann man auch bislang schon bis 30 Tage vor Abreise, für eine meist recht erschwingliche Gebühr. Vielmehr soll den Reisenden die Furcht genommen werden, sich frühzeitig festzulegen. Wer weiss, ob es als Nächstes in Spanien oder Griechenland knallt? Wenn ein Hintertürchen offensteht, trauen sich einige vielleicht doch, ihre Sommerferien schon jetzt zu buchen. So zumindest die Hoffnung der betreffenden TOs. Doch die Umsetzung der Idee kommt in einigen Fällen recht halbherzig daher. Um den Kunden wirklich die Hemmung vor dem verbindlichen Gang ins Reisebüro zu nehmen und die Botschaft in die Köpfe zu kriegen, müsste eine medienwirksame Kampagne her. Mit Ausnahme von Fachmedien ist das Medienecho bislang jedoch eher bescheiden. Und an die richtig grosse Glocke hängen es die TOs in ihrer eigenen B2C-Kommunikation auch nicht.Weder bei TUI Suisse noch bei FTI wird auf der .ch-Website sichtbar auf die Aktion hingewiesen. ITS Coop lässt immerhin einen schmalen roten Info-Balken über die Seite laufen. Auch im Gespräch mit den entsprechenden Führungspersonen stellt sich heraus: Man hofft im Grunde, dass nicht zu viele Kunden von ihrem neuen Recht Gebrauch machen. Denn wenn gleich mehrere in der Hochsaison plötzlich nicht mehr nach Ägypten, sondern nach Spanien reisen möchten, ist recht unklar, wie man das bewerkstelligen will. Und ob es der Destination dann genutzt hat, wenn der Kunde zwar früh gebucht hat, aber dann trotzdem nicht kommt, ist ebenfalls fraglich. Die TOs brauchen für ihre Aktion zudem die Unterstützung der Reisebüros. FTI z. B. liefert dafür entsprechende Kommunikationsmittel fürs Schaufenster. Viele Retailer sind aber gar nicht so begeistert von dem Ganzen. Denn wer muss sich am Ende rechtfertigen, wenn das Umbuchungsangebot irgendwann nicht mehr gilt? Die Reisebüros. Nur wenn die Aktionen wirklich mehr Kundenverkehr bringen, lassen diese sich vielleicht vom Sinn überzeugen.

Stephanie Günzler