«Bei den Gebühren gibt es kaum weiteren Spielraum» (Ausgabe 2016-06)

Der neue Flughafendirektor von Bern über seinen Start und die grössten Herausforderungen.

Seit dem 1. November 2015 leiten Sie die Geschicke des Flughafens Bern. Ihre erste Bilanz?

Der Betrieb ist gut organisiert, die Mitarbeitenden motiviert und die Kunden und Partner sind flexibel bei der Umsetzung ihrer Geschäftsmodelle. Dies stimmt mich positiv für die Herausforderungen der
Zukunft. 

Wo orten Sie denn die grössten Baustellen?

Ein grosses Projekt ist die im Sommer geplante Pistensanierung, die über die nächsten Jahre andauern wird. Die grösste Herausforderung besteht jedoch darin, genügend Erträge zu erwirtschaften, um die hohen Fixkosten eines Flughafenbetriebes zu decken und hinreichend Rückstellungen für Investitionen zu bilden. Die Personalkosten betragen beispielsweise zwei Drittel des Aufwandes, das muss finanziert werden. Bei uns zählt deshalb jeder Passagier.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit der Region, den Gemeinden und dem Grosskunden Skywork?

Die ersten Kontakte sind von offener Kommunikation und Interessensvertretung geprägt. Die Ansprüche und Erwartungen an den Flughafen beispielsweise hinsichtlich An- und Abflugrouten, Betriebszeiten oder Kosten sind vielfältig. Etliche, aber nicht alle lassen sich unter einen Hut bringen. Das gegenseitige Verständnis dürfte jedoch helfen, möglichst sachgerechte Lösungen zu erzielen.

Der Flughafen Bern gilt bei den Airlines als teuer. Werden Sie aktiv für eine Gebührensenkung einstehen?

Fliegen ab Bern ist für Geschäfts- wie Freizeitreisende dank der kurzen Check-in-Zeiten, der familiären Atmosphäre und der günstigen Parkplätze besonders attraktiv. Die Kosten für Fluggesellschaften sind in vielen Bereichen marktkonform, obschon in Bern − im Gegensatz zu den Grossflughäfen − kaum Skaleneffekte entstehen. In vereinzelten Bereichen bestehen leider gewisse Mehrkosten, z.B. beim Treibstoff. Dieser wird mit dem LKW angeliefert und nicht über eine Pipeline. Mit einem ausgeglichenen Betriebsergebnis besteht kaum finanzieller Spielraum für generelle Gebührensenkungen. 

Birgt die Abhängigkeit von Platzhirsch Skywork nicht auch ein gewisses Risiko für den Flughafen?

Skywork Airlines ist für den Standort und den Flughafen eine grosse Chance. Die Strategie der Fluggesellschaft sieht eine nachhaltige Anbindung der Region an den Linien- und Charterverkehr vor. Der Umgang mit Chancen und Risiken gehört zu jedem Geschäft.

Im Jahr 2014 sind die Passagierzahlen des Flughafens um einen Viertel eingebrochen. Wie sieht es für das vergangene Jahr aus?

Der Flughafen wurde 2015 von rund 190000 Passagieren genutzt, was einem leichten Rückgang von 1,5% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Zahlen haben sich stabilisiert.

 

Erst kürzlich genehmigte das BAZL einen weiteren Ausbau des Flughafens Bern. Wie ist derzeit der Stand der Dinge?

Mit der vierten Ausbauetappe will der Flughafen den Linien- und Charterverkehr und den Verkehr der allgemeinen Luftfahrt entflechten. Damit sollen betriebliche Abläufe vereinfacht und Flächen für das Abstellen und die Wartung von Flugzeugen geschaffen werden, ebenso wie Büro- und Schulungsräumlichkeiten. Gegen die Plangenehmigung zur ersten Bauphase wurde Beschwerde eingereicht. Das Bundesverwaltungs-gericht wird voraussichtlich bis Ende Jahr eine entsprechende Beurteilung dieser vornehmen.

JW