Airlines schliessen Schweiz-Büros (Ausgabe 2016-07)

Wer den Markt kennt, gewinnt

Hohe Mieten, teure Personalkosten: Wenn das Headoffice eines weltweit tätigen Unternehmens eine Sparrunde beschliesst, gerät die Schweiz-Vertretung schnell in den Radius des Rotstiftes. In der Tourismusbranche sind es vor allem die Fremdenverkehrsämter, die ihre Kräfte mehr und mehr im günstigeren Deutschland oder Österreich bündeln. Doch auch die Airlines stehen massiv unter Druck und müssen Personal abziehen. Die aktuellsten Beispiele sind nach Adria Airways im Sommer 2015 nun Air France/KLM und die Latam Airlines Group. Obwohl alle die grosse Bedeutung der Schweiz v.a. im High-Yield-Bereich betonen, gleicht die Performance den Aufwand offenbar nicht (mehr) wirklich aus. 

Die Airlines müssen sich moderner und effizienter ausrichten. Viele haben Bürogemeinschaften, arbeiten mit Homeoffice-Modellen oder beackern mehrere Märkte von einem Standort aus. Das muss nicht per se schlecht für die Qualität der Marktbearbeitung sein. Wie so oft kommt es auf die Personen sowie deren Kompetenz und persönliches Engagement an. Und darauf, wie viel Spielraum sie vom Unternehmen bekommen, um ihr Feld zu bestellen. Gibt es einen eindeutigen Ansprechpartner? Ist dieser stets gut erreichbar? Sind die Tarife und das Revenue-Management immer up to date? Kennt die Airline die Besonderheiten des Marktes und kann auf Veränderungen schnell reagieren? Wenn diese Fragen mit «ja» beantwortet werden können, ist es zweitrangig, ob die Kontaktperson in Zürich oder Frankfurt am Telefon sitzt. Zu wichtigen Geschäftsterminen und Networking-Anlässen muss sie jedoch vor Ort sein und ihr Gesicht zeigen. 

Dass Air France/KLM den Verwaltungssitz nach Budapest verlegt, wird man als Schweizer Trade-Kunde wahrscheinlich nicht gross merken. Das Sales-Team bleibt bestehen und eingefleischten Einkäufern zufolge ist dieses schweizweit gut aufgestellt, seit es ein Verkaufsteam für Genf und für Zürich gibt. Auch Latam gilt als verlässlicher Partner und hatte für eine Offline-Airline mit einem eigenen Schweizer Büro ohnehin eine Luxuslösung. Diese gute Partnerschaft muss sie nun von Deutschland aus pflegen. Eine GSA-Lösung kommt bei dem, was man sich schon erarbeitet hat, nicht in Frage.

 

Um wieder die Parallele zu den Fremdenverkehrsämtern zu ziehen: Es gibt solche, von denen sieht und hört man nichts, und andere, die versorgen den Markt mit Informationen, zeigen sich an Anlässen und wissen, wo sie das Marketingbudget einsetzen müssen – Schweiz-Sitz hin oder her. Ebenso ist es bei den Airlines, auch wenn ein geschlossenes Büro natürlich immer einen Schatten wirft – auf den Standort Schweiz und auf die Vielfalt der hiesigen Branche.

Stephanie Günzler