Immer mehr Direct Connect bei der Lufthansa-Gruppe (Ausgabe 2016-11)

Der Widerstand bröckelt

Die Lufthansa-Gruppe macht Ernst mit ihrer Ankündigung, ein neues Zeitalter im Flugvertrieb einzuläuten. An der Distribution Cost Charge oder «GDS-Gebühr» hält sie unvermindert fest, mit Google baut sie die Instant-Booking-Funktionen nun auch in Europa aus, und die -Direct-Connect-Anbindungen verbreiten sich rasch. Wer gehofft hat, dass die neue Strategie wie damals die Preferred Fares ein Sturm im Wasserglas sei und der Airline-Konzern auf genügend Druck der Vertriebspartner einlenken wird, sieht sich getäuscht. Und von einem solidarischen Aufbäumen der Reisebranche ist nichts zu spüren.

Vielmehr bröckelt in der Branche der Widerstand, und einer nach dem anderen springt auf den Direct-Connect-Zug auf. Sogar die Geschäftsreisebranche, die am lautesten protestiert hatte, lenkt nun ein – HRG und Lufthansa City Center machen den Anfang. Es bleibt ihnen auch wenig anderes übrig, wenn man sieht, dass die Lufthansa-Gruppe einerseits ihre Direktanbindungen nun auch bei den Firmenkunden selber implementiert und andererseits ihr Vertriebsportal www.lh.com so erweitert, dass Geschäftsreisende ihre Buchungsdaten in die eigenen Abrechnungssysteme übertragen können. Wer bei Direct Connect mitmachen will, ist willkommen – wer nicht, wird übergangen.

Deshalb beginnen nun auch die Flugbroker, sich breiter aufzustellen. Die eigenen Online-Buchungstools gewinnen bei ihnen an Bedeutung. Dies mag auch noch andere Gründe haben, etwa die bessere Kontrolle über die Buchungen und Kundendaten. Vor allem aber halten sie sich mit diesem Tool die Optionen offen, Airlines auch anderweitig als über die GDS anzubinden, wie sie dies mit Low-Cost- und Charter-Airlines heute teils schon tun.

In der Praxis steckt Direct Connect noch in den Kinderschuhen. Die Nachfrage bei den Brokern seitens der Reisebüros ist gering; noch überwiegen die Vorteile einer GDS-Buchung die Nachteile, sprich die 16-fränkige Gebühr. Und wie man aus Deutschland so hört, laufen die Buchungen noch nicht so reibungslos, wie sie sollten. Aber irgendwann werden die Airlines beginnen, die Kunden nicht mehr nur über Gebühren auf ihre Direktanbindungen zu lenken, sondern auch über differenzierten Content. Für genau diesen Fall bereiten sich im Moment all diejenigen vor, die als neue Direct-Connect-Partner der Lufthansa-Gruppe vorgestellt wurden. Und spätestens wenn dieser Fall eintrifft, haben die GDS ein echtes Problem. 

Stefan Jäggi