Middle East schnallt Marketing-Gürtel enger (Ausgabe 2016-14)

Wählerisch sein ist gut, hochnäsig werden nicht

Im derzeit arg gebeutelten arabischen Raum bilden die Destinationen der Vereinigten Arabischen Emirate sowie Oman und Katar eine glitzernde Insel des Wohlstands und der Sicherheit. Allen voran Dubai und Abu Dhabi, aber auch Oman haben sich – gerade in Quellmärkten wie der Schweiz mit ihrem zahlungskräftigen Publikum – als Trenddestinationen etabliert. In den vergangenen Jahren wurden teils hohe zweistellige Zuwachsraten an Übernachtungsgästen aus der Schweiz verzeichnet. Dass man sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen darf, ist man sich auch in den Destinationen bewusst – Ölpreis-Einbruch hin oder her.  

Nüchtern betrachtet ist es sogar eine gesunde Entwicklung, dass mit dem Geld nicht mehr hemmungslos um sich geworfen wird. Wenn Veranstalter berichten, dass aus den Golf-Ländern nur noch sehr differenzierte Marketing-Konzepte finanziell unterstützt werden, muss das ebenfalls kein Nachteil sein. Auch vor Ort hätte in den vergangenen Jahren etwas mehr vorausschauende Planung einigen Destinationen sicher gutgetan, man denke an brachliegende Giga-Projekte wie The World oder The Palm Jebel Ali in Dubai.  
Die Boom-Destinationen am Persischen Golf inklusive der dazugehörigen Airlines sollten jedoch nicht anfangen, hochnäsig zu werden und langjährige Partner – etwa mit langen Verzögerungen in Sachen Budgetplanung – vor den Kopf zu stossen. Die Konkurrenz schläft nicht und Ziele wie Qatar oder auch kleinere Emirate holen auf. Wirtschaftsexperten raten häufig, antizyklisch zu investieren, denn wenn die Mitbewerber einen Gang zurückschalten, kann man selber mehr erreichen. Und automatisch hält das Wachstum eben auch nicht an. Abu Dhabi etwa wächst immer noch erfreulich, aber nach einem Plus von 44% aus der Schweiz im Jahr 2014 gab es 2015 z.B. nur noch 7% Plus.  
In Zeiten, in denen der islamistische Terror Reisenden eine Pauschalangst vor arabischen Ländern einjagt, könnten Dubai und seine Nachbarn mehr denn je ihren USP als sichere Destinationen geltend machen und dabei auch Veranstaltern und Retailern Argumente an die Hand liefern, statt nur auf den Direktkunden zu setzen. Denn wie einige Spezialisten berichten, werfen vor allem Reisebürokunden, die noch nie VAE, Katar oder Oman besucht haben, diese Ziele mit Tunesien und Ägypten in einen Topf. Somit sind mittelfristig auch die Boom-Destinationen am Golf auf das Marketing ihrer Partner in den Quellmärkten angewiesen – auch in der Schweiz. Denn hier kann man noch wirklich hochwertige Produkte verkaufen. 
Stephanie Günzler