Halbherziger Myanmar-Relaunch (Ausgabe 2006-35)

Mitbewerber stören sich an der Art und Weise des Kuoni-Auftritts.

An der Winterprogramm-Medienkonferenz auf Fuerteventura wurde der Wiedereinstieg von Kuoni in Myanmar (Burma) offiziell nicht thematisiert. An den gleichzeitig auf der Donau stattfindenden Agenten-Workshops stellten die Produktverantwortlichen den neuen, separaten Myanmar-Katalog aber als einen der Höhepunkte im Asien-Programm vor und sprachen von einem der grössten Angebote auf dem Schweizer Markt. Die Tatsache, dass der Myanmar-Katalog auf der Frontseite das Logo der lokalen Agentur Asian Trails trägt und die Kuoni-Handschrift erst im Innern ersichtlich wird, hat für Verwirrung gesorgt und Fragen aufgeworfen.

Die Vorgeschichte: Im Mai 2003 gibt Kuoni bekannt, man werde auf die Saison 2003/2004 hin Myanmar aus dem Programm nehmen. Der Druck der in London ansässigen «The Burma Campaign» wurde zu gross. «Erstens ist Burma in der gegenwärtigen Asien-Situation und vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen kein lukratives Geschäft. Zweitens sind wir zum Schluss gekommen, dass es sich nicht lohnt, gegen eine militante Organisation wie ‹The Burma Campaign› einen Kampf auszutragen. Drittens mussten wir uns grundsätzliche ethisch-moralische Überlegungen machen, ob wir ein Land mit einem repressiven Regime, das massivste Menschenrechtsverletzungen begeht, weiterhin anbieten wollen», erklärte der damalige Kuoni-Konzernsprecher Stephan Wehrle.

Zur Wiederaufnahme nach drei Jahren erklärt Thomas Graf, Senior Product Manager Asien bei Kuoni Schweiz: «Die Nachfrage in den Filialen war und ist da, doch es blieb nichts anderes übrig, als die Konkurrenz zu verkaufen, und das ist unglücklich. Wir haben die Situation geprüft und sind zum Schluss gekommen, dass wir es wieder anbieten wollen, sofern wir Partner finden, die nicht mit der Regierung zusammenarbeiten, also private lokale Agenturen und Leistungsträger sowie Joint Ventures mit Ausländern.» Auf die Frage, warum dies nicht innerhalb des normalen Asien-Katalogs und unter der Marke Kuoni geschehe, meint Graf: «Wir haben mit unserem Agenten Asian Trails eine Vereinbarung getroffen, Myanmar unter einer neutralen Marke wieder anzubieten. Damit sind wir für ‹The Burma Campaign› weniger angreifbar. Wir werden die Situation aus Sicht der Corporate Responsibility laufend überprüfen und neu beurteilen. Vielleicht werden wir Myanmar in Zukunft wieder unter der Marke Kuoni anbieten.»

Zwei Mitbewerber, welche in Myanmar auch auf Asian Trails als Agenten setzen, sprechen Klartext. Ruth Landolt, Geschäftsführerin von Wettstein: «Ich habe davon gewusst und natürlich hat es bei mir keine Freude ausgelöst, doch inzwischen ist es mir egal. Wir haben die ganzen Jahre über an Myanmar festgehalten, an das Potenzial dieser Destination geglaubt. Vor allem aber haben wir immer strikt darauf geachtet, dass wir nur Angebote verkaufen, bei denen wir wissen, wohin das Geld fliesst. Nämlich an lokale Anbieter, Familienbetriebe und ihre Mitarbeitenden vor Ort. Ich bin der Meinung, entweder man hat Myanmar im Programm, und dann soll man klar dazu stehen, oder man lässt es bleiben.»
Ähnlich tönt es bei Tourasia-Direktor Stephan Roemer: «Wir haben Myanmar immer angeboten, ob in schlechten oder guten Zeiten, während grosse TOs, die sich Spezialisten nennen, ausgestiegen sind, nicht zuletzt auf Druck der ‹The Burma Campaign›. Ich begreife zwar, dass Kuoni wieder einsteigt, aber ich finde es nicht in Ordnung, dass man das unter dem Namen des Lokalagenten macht, der damit Lager schafft. Wir haben noch einen zweiten Agenten, sind also flexibel, sollten wir diese Konkurrenzsituation nicht gut finden.»

Und was meint Luzi Matzig, Managing Director von Asian Trails, zu den Vorwürfen? «Man sollte aus einer Mücke jetzt keinen Elefanten machen, wir haben schliesslich noch immer die Freiheit des Reisens. Jedes Jahr haben wir Kuoni gesagt, sie sollen Myanmar wieder anbieten. Wir können der burmesischen Bevölkerung, den Fahrern, Guides und Bauern am besten durch mehr Geschäft, also mehr Touristen helfen. Aber Kuoni hatte Angst vor dieser Organisation, die meiner Meinung nach am völlig falschen Ort ansetzt. Da man den Relaunch nicht über eine Kuoni-Firma bzw. -Marke tun wollte, haben wir Hand geboten für die Lösung mit unserem Logo auf der Front. Die anderen Mitbewerber im Schweizer Markt sind wahrscheinlich sauer, weil sie etwas Geschäft verlieren könnten. Aber Wettbewerb hat noch nie geschadet. Wenn andere Anbieter eine solche Lösung möchten, dann machen wir es.»

Urs Hirt