«Eine Zentralisierung ist für beide tabu» (Ausgabe 2006-44)

CEO Thomas Stirnimann erklärt, weshalb der Deal mit Hotelplan für die Angestellten von Travelhouse nur Vorteile haben kann.

Herr Stirnimann, wie hat Ihre Belegschaft die News vom Deal mit Hotelplan aufgenommen?
Grundsätzlich gut. Bei der internen Information gab es sogar spontanen Applaus. Mir ist aber bewusst, dass einzelne Mitarbeitende wehmütig und vielleicht auch verunsichert waren, deshalb habe ich die letzten Tage gemeinsam mit meinen Geschäftsführern damit verbracht, proaktiv über den Deal zu informieren. Inzwischen sieht die Mehrheit der Travelhouse-Belegschaft die Vorteile deutlich.

Muss niemand um seinen Job bangen?
Nein. Travelhouse und die HPSG funktionieren wie zwei Länderorganisationen, die strikt getrennt an den Konzern rapportieren. Es war eine Bedingung von Travelhouse, Einkauf und Produktion separat zu belassen. Inzwischen ist daraus sogar ein Auftrag von Hotelplan-Konzernchef Christof Zuber geworden. Eine Zentralisierung ist für beide Firmen tabu.

Es gibt doch aber Überschneidungen, etwa beim Ticketshop oder bei der IT?
Die Überschneidungen sind im Tour Operating marginal, und wo es sie gibt, gilt, dass interne Konkurrenz nichts Schlechtes zu sein braucht. Der Ticketshop ist bei Travelhouse integraler Bestandteil des Businessmodells; daran wird nicht gerüttelt. Und die IT ist für unsere Modularbedürfnisse passend. Das DaVinci wird nicht durch eine Hotelplan-Lösung ersetzt.

Wo liegen Synergiemöglichkeiten?
Die immensen Vorteile liegen auf der Hand: Wir werden in den Hotelplan-Filialen als Prioritätspartner verkauft und erhalten Zugang zu den Belair-Chartern; Hotelplan löst sein Problem, in der Marktwahrnehmung über keine Spezialisten zu verfügen. Und im rückwärtigen Bereich gibt es sicher Möglichkeiten, etwa beim Einkauf von Lizenzen von der Migros-Zugehörigkeit zu profitieren. Ich wiederhole aber, dass die Positionierung und Marktleistung von Travelhouse unangetastet bleiben.

Kommt nun ein neues Kommissionsmodell auf die Retailer zu?
Unser Modell bleibt unverändert, und mit Hotelplan kombinierte Kommissionsmodelle sind bisher noch gar nicht diskutiert worden. Unabhängige Retailer können in der Verkaufspriorität auch künftig Travelhouse mit Kuoni oder TUI koppeln; mit Hotelplan wäre es mir aber am liebsten.

Jean-Claude Raemy


Die mitbewerber sind Überrascht, aber nicht beunruhigt

Wie beurteilt die Konkurrenz von Hotelplan und Travelhouse den Deal?
Roberto Luna (CEO Kuoni Schweiz) bedauert, dass es nun einen grossen TO weniger gibt. Dass Kuoni nicht mehr die Nummer 1 ist, stört ihn nicht: «Das ist für uns überhaupt nicht wichtig. Entscheidend sind das Produkt, die Qualität und der Service. Die Ausstrahlung unserer Marken stimmt. Kuoni ist in der Schweiz bereits gut positioniert. Nicht zuletzt die TRAVEL STAR Verleihung hat gezeigt, dass wir mit unseren Produkten – ich spreche nicht nur von der Marke Kuoni, sondern auch von den Tochterfirmen – gut dastehen.» Der Deal kam auch für ihn überraschend. «Kuoni wurde übrigens nicht angefragt. Zudem wäre es mit Travelhouse zu vielen Überschneidungen unserer Marken gekommen, was weniger Sinn gemacht hätte», meint Luna.

Martin Wittwer (CEO TUI Suisse) versteht das Zusammengehen: «Die beiden Partner ergänzen sich. Der Zusammenschluss ist nachvollziehbar. Wir setzen unsere erfolgreiche Strategie als Leitveranstalter und Generalist mit einem Vollsortiment für Reisen von A bis Z wie geplant fort.» Eher überraschend kam für Wittwer der Zeitpunkt des Deals.

Für Roger Geissberger (CEO Knecht Reisegruppe) macht der Deal für beide Firmen Sinn, «weil sie sich gegenseitig gut ergänzen. Hotelplan fehlten Spezialisten und Travelhouse kann nun vermutlich die IT-Probleme lösen.» Er sieht keine Auswirkungen für Knecht: «Es entsteht durch diesen Deal nicht mehr Konkurrenz, und für die Distribution ergibt sich keine Änderung.» Geissberger weiter: «Das Zusammengehen kam für mich überraschend, weil Oskar Laubi immer unabhängig bleiben wollte.»    

CP

«Im Nachhinein ist es ein logischer Deal»

Was meint SRV-Präsident Hans-Jörg Leuzinger zum Deal zwischen Hotelplan und Travelhouse? «Im Nachhinein gesehen ist es ein logischer Deal, an den aber ausser den Hotelplan- und Travelhouse-Verantwortlichen wohl niemand gedacht hat. Bei Geschäften dieser Grössenordnung bin ich grundsätzlich immer etwas skeptisch. Wir werden aber sehen, was der Deal für den Markt bringt. 

Negativ muss das nicht unbedingt sein. Es wird sich weisen, in welchen Bereichen die beiden Firmen zusammenarbeiten – hier liegt vor allem die gemeinsame Charterplanung auf der Hand – und in welchen Bereichen die Eigenständigkeit bleibt. Aus Sicht der beiden Unternehmen handelt es sich sicher um eine Win-win-Situation», so Leuzinger.

Im SRV-Vorstand sitzen mit Peter Spring und Thomas Stirnimann künftig zwei Vertreter der Hotelplan Swiss Group. Wird das so bleiben? Leuzinger: «In der nächsten Sitzung der Exekutive werden wir besprechen, was der Deal für die Zusammensetzung des SRV-Vorstands bedeutet. In meinen Augen besteht kein dringender Handlungsbedarf.»    

CP