Angriff auf Beratungsgebühren: Reisebüros bleiben gelassen (Ausgabe 2006-50)

TRAVEL INSIDE hat Retailer zu ihrer Praxis betreffend Beratungsgebühren befragt.

Nach anfänglicher Wut über den Vorstoss des Kundenmagazins «Saldo» in Sachen Retailer-Gebühren sind die Retailer inzwischen wieder gelassen. STAR-Präsident Luc Vuilleumier etwa meint: «Die Bekanntgabe unserer Kommissionssätze ist doch keine Kundensorge. Entweder ignoriert man die Diskussion, oder man weist auf den ganzen Aufwand des Reisebüros bei minimalen Margen hin, was ja wohl nicht mit der Finanzbranche vergleichbar ist. Oder man geht zum alten Modell zurück: Nur – faire – Kommissionen, dafür keine Gebühren mehr.» Laut Vuilleumier ist die «von Saldo und
Konsumentenschützerin Jacqueline Bachmann» geforderte Transparenz ohnehin kaum durchsetzbar, insbesondere bei Internet-Reisebüros. Allfälligen Klagen, welche er zwar nicht erwartet, schaut Vuilleumier gelassen entgegen.

Alex Bähler (LCC Basel) ist auch gewappnet: «Wenn  mir ein Kunde den Saldo-Artikel vorhalten würde, würde ich mich mit ihm hinsetzen und ihm erklären, welche Kosten ich in seinem Interesse trage – Reisegaran- tie, diverse Mitgliedschaften, organisatorische Kosten. Diese gilt es, auch beim Verkauf einer simplen Pauschalreise, zu amortisieren. Es leuchtet ihm sicher ein, dass ich die Preishoheit behalte, wenn ich schon die Haftung für die Reise trage.»

Heinz Orschel (Destour Sargans): «Es wäre Blödsinn, wenn wir wirklich die Provisionszahlungen offen legen und allenfalls gar rückerstatten müssten. Da müsste auch jeder Detailhändler, bei dem ich eine Hose kaufe, mir seine Marge (Brutto/Netto) bekannt geben. Die Alternative dazu: Nur noch Netto-Preise plus unsere Beratungsgebühr pro Minute/Stunde zuzüglich detaillierte Ausgaben für Reservations-Systeme und anderes – also eine Preisauflistung wie beim Anwalt. Das führt nur zu Chaos.»
Weitere befragte Reisebüros wurden, wie obige drei Retailer, von Kunden noch nie auf die Verrechnung allfälliger Kommissionszahlungen angesprochen. Der Grundtenor lautet: «Alles heisse Luft.»

Jean-Claude Raemy