Feedback: «Von Tourismusprofis kritischer Sachverstand zu erwarten»

TRAVEL INSIDE-Leser, Touristiker, Fachdozent & Erwachsenenbildner Peter Schild-Scheucher zur geplanten SRV-GV in Ras Al Khaimah.

Peter Schild-Scheucher, Sevenways Reiseberatung, Hinwil

«Die TI-Umfrage zur SRV-GV kam zu einem klaren Ergebnis gegen den Austragungsort Ras Al Khaimah (RAK). Als schlagendstes Argument wurde dabei der ökologische Unsinn aufgeführt. In der Tat: Gehen wir von 80 Teilnehmenden aus, so entstehen nur schon für den Flugtransport 128’000kg CO2 (Quelle: myclimate).

Es gibt aber ein weiteres Argument. Wir alle wenden uns angewidert gegen diktatorische Regimes und denken dabei an Syrien, Russland, Venezuela, Nordkorea oder Saudi-Arabien. Und die VAE? Dieser ‘Staat’ ist eigentlich gar keiner. Er ist im eigentlichen Sinn eine ‘Private Company’ der Herrscherkaste in Abu Dhabi, nach deren Pfeife die Lokalscheichs in den einzelnen Emiraten, selbst in Dubai, tanzen.

Es gibt hinter der Glitzerfassade keine Parteien, keine garantierten Menschenrechte, keine Rede- und Versammlungsfreiheit, ein totales Gewerkschaftsverbot und eine noch rigorosere Pressezensur. Auch gibt es keine garantierten Bürgerrechte, ausser für die unantastbare Kaste der Einheimischen, welche zum Dunstkreis der wenigen Herrscherfamilien gehören und maximal 2% der Bevölkerung stellen.

Mit der Austragung der GV eines angesehenen europäischen Tourismus-Verbands wird der Status dieses totalitären Systems stillschweigend legitimiert und gutgeheissen. Ich selber war viele Jahre als PM und Einkäufer für verschiedene Veranstalter in den Golfstaaten unterwegs und kenne die Verhältnisse ausgesprochen gut.

Ich kann mir vorstellen, dass RAK markante Zuschüsse in die Veranstaltung mit einfliessen lässt. Auch dies ist wohlkalkuliert. Man wird dies anschliessend lokal und international zu vermarkten wissen.

Der SRV täte gut daran, die Wahl des Austragungsorts jeweils ein wenig kritischer anzugehen. Die Wahl von RAK wirft ein denkbar schlechtes Licht auf die Entscheidungsträger*innen. Gerade von Tourismusprofis könnte etwas mehr Sachkenntnis und vor allem kritischer Sachverstand erwartet werden. Dass RAK die Veranstaltung sponsert (so vermute ich) darf nicht zum Hauptargument verkommen.»