Swiss bringt SRV in Rage (Ausgabe 2007-33)

Der SRV zeigt offen seinen Unmut über die Swiss-Richtlinien bezüglich Gruppenbuchungen.

Am Montag letzter Woche trafen sich Präsident Hans-Jörg Leuzinger, Geschäftsführer Walter Kunz und Marcel Hausheer, Leiter der Fachgruppe Flug, als Vertreter des Schweizerischen Reisbüro-Verbandes (SRV) mit den Swiss-Vertretern Harry Hohmeister, Rudolf Schumacher und Thomas Benz zum Gedankenaustausch, zur Erörterung aktueller Entwicklungen und pendenter Themen.

Laut Thomas Benz (Head Marketing, Swiss Switzerland) ging es auch um die Richtlinien bezüglich Gruppenbuchungen. Was Swiss nun in Form eines Agent Newsletter kommunizierte, hat die SRV-Verantwortlichen überrascht und verärgert.

Marcel Hausheer: «Wenn Swiss eine sinnvolle Policy formuliert, dann ist es mir nur recht, wenn sie deren Einhaltung auch Nachdruck verleiht. Enttäuscht sind wir hingegen von der Drohung, Einzelbuchungen, die als Gruppe hätten angefragt werden müssen, zu annullieren. Die Gruppenbuchung bietet eine gewisse Flexibilität, die nicht von der Hand zu weisen ist. Doch grundsätzlich ist die Preisfindung im Gruppenbereich intransparent. Das Reisebüro weiss nicht, welchen Preis es bekommt. Oft ist der Gruppenpreis höher als der Individualpreis, der für Kunden einsichtbar ist. Das bringt den Reisebüros Nachteile. Zudem verstösst ein individuelles Einbuchen einer Gruppe meiner Ansicht nach gegen keine IATA-Regel. Wir verstehen den Vorstoss nicht, er ist unschön und innerhalb einer Partnerschaft nicht angebracht.»

Für SRV-Präsident Hans-Jörg Leuzinger ist das Vorgehen der Swiss völlig unverständlich. Im Namen der SRV-Mitglieder hat er einen «offenen Brief» verfasst, den TI nachfolgend in Originalversion abdruckt.

Urs Hirt

Swiss-Politik bei individuellen Gruppenbuchungen

Offener Brief an Thomas Benz, Head of Marketing, Swiss Switzerland

Geschätzter Herr Benz

Am 6.8.07 habe ich Sie in Anwesenheit der Herren Marcel Hausheer und Walter Kunz zu einer gemeinsamen Sitzung am SRV-Geschäftssitz begrüssen dürfen. Dabei ist u.a. auch exakt das von Ihnen lancierte Thema «Gruppen-Buchungen» zur Sprache gekommen, und ich bedaure feststellen zu müssen, dass Sie meine Voten entweder überhört oder mich andernfalls gründlich missverstanden haben. Anders jedenfalls kann ich Ihren Vorstoss in der Sache nicht interpretieren.
Konkret: Ich habe nicht nur Mühe mit der Art wie Sie kommunizieren (das Thema ADM lässt grüssen…), sondern auch damit, dass Sie im vorliegenden Fall einmal mehr den «Droh-Finger» erheben (so kann man es ohne weiteres interpretieren) und den Reisebüro Vertriebskanal mit einem Problem konfrontieren, das primär ein «hausgemachtes» ist.

Ich selber arbeite Tag für Tag an der «Front» und bin stets darauf bedacht, auch den Airlines gegenüber ein fairer Partner zu sein. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ich durch meine Verbandstätigkeit etwas mehr Einblick in Anliegen und Themen einer Airline habe, als dies dem Branchendurchschnitt möglich ist. Aber ich will auch verkaufen und sehe –  trotz Ihrer «Latest News» –  keinerlei Veranlassung, bei der Abwicklung eines kleineren Personenkreises, der gemeinsam reisen möchten, von der bisherigen Praxis abzuweichen.
So behalte ich mir auch weiterhin vor, für beispielsweise 11 Personen eines Velo Clubs die Swiss Gruppenabteilung um ein Angebot anzufragen und parallel dazu Alternativen zu prüfen.  In meinen Buchungssystemen, und/oder im Internet. Und ich werde dann wie üblich beurteilen und entscheiden, welches Angebot ich meinem Kunden unterbreite. Möglicherweise jenes der Swiss Gruppenabteilung wie öfters auch schon, wenn der Preis stimmt. Vielleicht aber eben auch so, dass ich 4+4+3 Personen in drei separaten Bookingfiles einbuche und die Tickets innerhalb der vom System gesetzten Fristen ordnungsgemäss ausstellen lasse. Und ich habe dabei offen gesagt auch kein schlechtes Gewissen, denn ich verletzte so weder IATA Vorschriften noch Regeln der Zusammenarbeit mit Swiss als Mitbewerberin im Markt.

Sollte ich wirklich je erleben müssen, dass Swiss ihre «Drohung» wahr macht und meine Reservationen, wie im Fallbeispiel geschildert (notabene mit ausgestellten Tickets) annullieren sollte –  ich würde mit allen Mitteln dagegen angehen!  Solange nicht eine rechtliche Basis dazu existiert, lasse ich mir – so wenig wie jeder andere Konsument auch – weder vorschreiben, das ich 5 bis 6 Personen als Gruppe zu deklarieren habe, noch dass ich 11 Passagiere, wie obiges Beispiel zeigt, nicht getrennt reservieren soll.
Bei allem Verständnis für das Bestreben, auf  jedem Swiss Flug den bestmöglichen Yield zu erzielen, und unbedingt teure Überbuchungen zu verhindern, aber solche Anliegen können sicher nicht auf dem Rücken der Reisebüros verfolgt werden, und auch nicht mit Drohfinger-Gebärden.

Ich spreche nicht von jenen vergleichsweise vermutlich doch eher seltenen Fällen, wo ein Reisebüro bewusst irreführend handelt, und ggf. mit fiktiven Ticket-Nummern im System operiert. In diesen Fällen hätten Sie sogar meinen «Segen» als SRV-Exponent, und bestimmt auch jenen einer überwiegenden Branchenmehrheit, wenn Sie Massnahmen gegen solche Reisebüros in Betracht ziehen sollten.
Ich persönlich hätte es als sinnvoller erachtet, geschätzter Herr Benz, wenn Sie dem Trade primär die Vorteile von Gruppenbuchungen wieder einmal klar hervorgehoben bzw. in Erinnerung gerufen hätten. Solche Vorteile gibt es nämlich wirklich, indem z.B. ein grösseres Sitzplatzkontingent innerhalb eines bestimmten Zeitraumes kostenlos reduziert werden oder das Ticketing erst später erfolgen kann, Name Changes möglich sind usw. usw. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Freundliche Grüsse   

Hans-Jörg Leuzinger,

Präsident Schweizerischer Reisebüro-Verband (SRV)