Deutlich höhere Branchenlöhne: unumgänglich oder unmöglich? (Ausgabe 2007-49)

An der GV in Kairo hat SRV-Präsident Hans-Jörg Leuzinger Diskussionen über höhere Löhne in der Branche verlangt.

«Mit den heutigen Löhnen stehen wir in der Reisebranche mindestens zum
Teil neben den Schuhen. Wenn wir unsere Mitarbeitenden halten wollen,
müssen wir jetzt unbedingt eine Diskussion über höhere Löhne führen»,
so Hans-Jörg Leuzinger, Präsident des Schweizerischen
Reisebüro-Verbandes (SRV) in Kairo vor knapp zwei Wochen.

Thomas Stirnimann, CEO von Travelhouse, entgegnet: «Sicher hat das
etwas, es ist aber nichts Neues. Um möglichst viel zu verdienen, muss
niemand in unserer Branche arbeiten. Die Reisebranche muss nicht mit
hohen Löhnen, sondern mit ergänzenden Attraktivitäten Mitarbeitende
anziehen. Der spezielle Esprit der Reisebranche soll weiterleben!» Die
Differenz zu anderen Dienstleistungsbranchen sei jetzt grösser, weil
die Löhne beispielsweise im Bankensektor anziehen, meint Stirnimann
weiter. «Wir dürfen das Thema nicht überbewerten, denn wir sehen nur
innerhalb der Dienstleistungsbranchen schlecht aus, nicht generell auf
dem Arbeitsmarkt», so der Travelhouse-CEO.

Auch Martin Wittwer, CEO TUI Suisse, vergleicht die Löhne eher mit dem
Detailhandel: «Die vom SRV-Präsidenten anlässlich der GV in Kairo
angeregte Diskussion betreffend Salärpolitik ist in der Tat eine
Herausforderung für jedes einzelne Unternehmen. Die Mindestlöhne bei
TUI Suisse liegen heute nicht unter den erwähnten Zielsalären des
Detailhandels (Coop/Migros). Lohnerhöhungen und Löhne selbst hängen
unter anderem von der Produktivität einer Branche ab. Seitens der TUI
Suisse Gruppe verfolgen wir diesbezüglich eine bestmögliche
Salärpolitik zugunsten unserer Mitarbeiter. Neben den festen Löhnen
selbst sind variable Lohnelemente und diverse Benefits in die
Betrachtung einzubeziehen.»

Andy Keller (Globetrotter) sieht keinen grossen Handlungsspielraum:
«Wir können halt keine Superlöhne bieten, das ist gegeben.
Wirtschaftlich ist es uns gar nicht möglich, die Löhne massiv zu heben.
Natürlich versuchen wir immer, grosszügig zu sein. Die Löhne können
aber nur im Rahmen der Möglichkeiten angehoben werden.»

«Ich bin nur bedingt mit Leuzinger einverstanden», meint Knecht-CEO
Roger Geissberger: «Unsere Löhne liegen zwischen CHF 3700 und CHF 5800
bei Nicht-Kadern. Wenn man sieht, dass der grösste Teil der Reisebüros
Ende Jahr weniger als 2% Net Profit after Tax hat, gibt es keinen
Spielraum, die Löhne um 20% anzuheben. Bei Knecht gibt es mit
Gewinnbeteiligung rund 14 Löhne plus bis zu zwei Wochen Studienreisen.
Sehr günstige Fernreisen in unseren Gebieten inklusive Begleitperson
sind auch Bestandteil des Lohnes.»

Peter Spring, Leiter Hotelplan Schweiz, sieht einen Ansatz bei der
Forderung des SRV-Präsidenten: «Das Thema muss gut angeschaut werden,
allerdings nicht nur der rein monetäre Betrag, sondern das Gesamtpaket.
Wir haben bei Hotelplan einen Handlungsbedarf bei jüngeren
Mitarbeitenden erkannt und bringen individuelle Korrekturen an mit
einem neuen Modell, das auch die Leistungen einbezieht.»

Aktiv über höhere Löhne diskutieren will Stefan Leser, CEO von Kuoni:
«Ich vertrete unser Unternehmen im SRV-Vorstand und werde mich dort bei
einer Diskussion über Löhne in der Reisebranche ebenfalls einbringen.»

Chris Probst