Wer seine Kundenkontakte nicht nutzt, ist selber schuld (Ausgabe 2015-05)

Eine gute Nachsorge ist die beste Vorbereitung für den nächsten Verkaufsabschluss, das besagt unsere aktuelle Branchen-Umfrage.

Der Kundenkontakt ist das höchste Gut von Reiseverkäufern. Und das gilt nicht nur vor, sondern auch nach der Reise – da sind sich die unabhängigen Retailer und die TO-Vertreter in unserer Umfrage einig. Nicht alle nutzen die verfügbaren Mittel jedoch gleich intensiv.

«Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass es noch Kollegen gibt, die den Kundenkontakt nicht entsprechend nutzen», sagt Daniel Roduner (Port-air Reisen, Ennetbürgen). Das sei heute ein «Must». So schicke man bei Port-air einen Tag vor Abreise eine SMS an den Kunden und wünsche «schöne Ferien». Nach der Rückkehr gibt es eine Welcome-back-Karte und einen Anruf für direktes Feedback. Zerzuben Touristik in Eyholz lädt Kunden zum Kaffee ins Büro, um sich von der Reise berichten zu lassen. Für gute Kunden gibt’s ein Weihnachtsgeschenk, das im Büro abgeholt werden kann. Auch Globetrotter-Büros verschicken eine Postkarte und fassen oft telefonisch nach. «Zufriedene Kunden rufen meist von allein beim Berater an», sagt Globetrotter-Verkaufsleiter Patrick Binz.  

Bei den grösseren Büros, vor allem den Verkaufsstellen der grossen TOs, bekommen die Mitarbeitenden meist IT-Unterstützung zur systematischen Erfassung der Kundenfeedbacks. Bei Kuoni heisst das System «Ihr Feedback. Ihr Vorteil». Sobald die Zufriedenheit unter einem definierten Schwellenwert liegt, nimmt der Kundendienst Kontakt zum Kunden auf. Elektronisch abgefragt und statistisch ausgewertet wird das Feedback auch bei TUI Suisse und bei Hotelplan Suisse. «Diese stehen dann für künftige Beratungen zur Verfügung», informiert Daniel Reinhart (Retailing-Direktor, Hotelplan). Regelmässig werden die Hotelplan-Kunden mit gezielten Mailings beliefert und zweimal pro Jahr vom Verkaufsberater telefonisch kontaktiert, um potenzielle Reisen anzusprechen.

Nach der Reise ist vor der Reise. Deshalb helfen die Feedbacks vor allem beim Verkaufen der nächsten Reisen. Bei Rolf Helbling (Helbling Reisen, Gossau) bekommen die guten Stammkunden Angebote per Newsletter. Man gehe konkret auf ihre Bedürfnisse ein. Ein Nebeneffekt davon sei im Idealfall eine gute Mund-zu-Mund-Propaganda. 

Seine Stammkunden kennt Christian Cabane (CAT Travel, Basel) «in- und auswendig». Sie werden zu Aperos ins Büro eingeladen und proaktiv mit Mailings und Angeboten angegangen. Werner Blum (Move Reisen, Zürich) erhält «sehr viele E-Mail-Anfragen» und filtert per Anruf und Befragung heraus, «wer es ernst meint und was die Bedürfnisse sind». Wichtig findet Blum, dass Beratungen auch mal ausserhalb der Öffnungszeiten möglich sind. Cyntia Spicher (Natural Reisen, Biel) hält es für zentral, die Reisedokumente vor Abfahrt mit dem Kunden anzuschauen und alles zu erklären. Daniel Roduner berichtet, dass er im Vorhinein sogar Preisvergleiche für den Kunden mache, inklusive online, was zugegebenermas-sen «nicht ganz ungefährlich» sei.

«Bedarfsanalyse» heisst das Stichwort bei den TOs. Auch hier haben die Grossen ihre geeigneten Tools. Bei TUI gibt es den «Urlaubsmatcher», der die Kundenwünsche verarbeitet. Elektronische Dialogplattformen und Apps stehen nebst dem persönlichen Service zur Verfügung. Teilweise werden für schriftliche Offerten Gebühren verlangt. Bei Kuoni begleitet die hauseigene App «Reisekompass» die Bedürfnisanalyse multimedial.

Patrick Binz fasst das Thema so zusammen: «Die Wunschabklärung ist das Ein und Alles. Wenn ich nichts über den Kunden weiss, kann ich ihm kein massgeschneidertes Angebot machen. Die Erfahrung und das Fachwissen der Berater sind dabei enorm gefordert.» 

Wie Reiseverkäufer Kunden binden können

Sich in Erinnerung rufen: Durch Postkarten mit einer Feedbackaufforderung oder ein Feedback-Telefon nach der Rückkehr hält man den Kontakt. 

Mehr bieten als andere: Wer seinen Kunden und dessen Bedürfnisse kennt, kann ihn mit massgeschneiderten Ideen und Angeboten überraschen und ist gegenüber anderen Anbietern in Vorteil. 

Wertschätzung zeigen: Besonders gute Kunden kann man zu einem Stammkunden-Event einladen, gemeinsam einen schönen Tag an einem besonderen Ort verbringen und allenfalls über kommende Reisen plaudern.

Stephanie Günzler/Melanie Mooser