«Bei der PBV wurde das SECO vor den Karren des Wettbewerbs gespannt» (Ausgabe 2015-28)

Ralph Schiller, Group Managing Director bei FTI Touristik München und VR-Präsident FTI Schweiz, über Strukturanpassungen, FTI Modular, PBV, GDS-Gebühren und die Nachfolge von Verda Birinci-Reed.

Wer wird bei FTI Schweiz die Nachfolge von Verda Birinci-Reed antreten?

Wir sind noch auf der Suche und im Entscheidungsprozess. Offiziell hätte Verda Birinci-Reed am 30. Juni ihren letzten Arbeitstag gehabt. Aber sie hilft uns in einem Teilzeitpensum, einige Projekte noch zu beenden. Je nachdem wie schnell wir jemanden finden, wird sie die Einarbeitung einer Nachfolge noch begleiten können. Sie bleibt uns noch so lange erhalten, bis sie selber eine neue Herausforderung annimmt oder wir eine Nachfolge gefunden haben und die Einarbeitungsphase abgeschlossen ist. Das zeigt, wie gut unser Einvernehmen ist, auch wenn sie uns nach so vielen Jahren verlässt.

Vor geraumer Zeit haben Sie Strukturveränderungen angekündigt. Die Ländergesellschaften sollen mehr Kompetenzen erhalten. Wie weit ist man da?

Wir sind in immer mehr Quellmärkten präsent und können dem Team in München nicht mehr zumuten, sich in alle diese Märkte hineinzudenken. Vor allem im Bereich Produktdefinition ist es angezeigt, den einzelnen Ländergesellschaften mehr Kompetenzen zu übertragen. Bei FTI Schweiz ändert sich kaum etwas, dieser Quellmarkt wird bereits relativ eigenständig geführt. 

Welche weiteren Herausforderungen stehen an?

Es gibt noch viele, denken wir zum Beispiel nur an die Einführung unseres Modular-Produktes. Das ist ein Prozess, bei dem wir überaus froh sind, dass wir noch auf das Know-how von Verda Birinci-Reed zurückgreifen können. Das nimmt auch den Druck etwas weg, per sofort eine Nachfolge präsentieren zu müssen.

Wie weit ist man mit der Einführung von FTI Modular im Markt Schweiz?

Einige Produkte sind teilweise bereits online buchbar. Das gesamte Modular-Angebot wird mit der Erscheinung der Kataloge in der dritten Juli-Woche in der Schweiz lanciert und buchbar gemacht. 

Seit nun gut vier Monaten ist der FTI Ticketshop in der Schweiz auch als Consolidator aktiv. Wie sieht Ihre erste Zwischenbilanz aus?

Bisher war der Ticketshop nur intern als Ticketlieferant für unser Tour Operating tätig. Die Öffnung als Consolidator wurde vom Markt gut aufgenommen. Mit Ticketshop und Modular-Bereich sind nun wirklich alle Marken, welche FTI unter ihrem Dach vereint, auch im Markt Schweiz buchbar. Wenn es auf die Hochsaison hochgerechnet so gut weitergeht wie bisher in der Nebensaison, dann können wir mit der Schweiz sehr viel Freude haben.

Was heisst das in Zahlen?

Trotz der allseits bekannten Währungsproblematik läuft es sehr schön. Das Wachstum hält an, wir liegen derzeit bei FTI Schweiz im zweistelligen Prozentbereich über Vorjahr. Weitere Zahlen kann ich nicht nennen.

Machen Ihnen die neuen, aktualisierten PBV-Ausführungen Sorgen?

Wir sehen uns das genau an. Aus heutiger Sicht sieht es tatsächlich so aus, dass wir hier in der Schweiz für die Sommersaison 2016 Kataloge mit Preisen in Schweizer Franken auflegen müssen. Mit Euro-Preisen und einer Umrechnungstabelle bzw. einem Umrechnungskurs werden wir wohl nicht mehr arbeiten können. Das Ziel jener, die auf eine Aktualisierung gedrängt haben, weil sie bisher für sich selber einen Wettbewerbsnachteil gesehen haben, wurde erreicht. 

Die Kunden werden weiterhin sehr preissensibel sein. Es könnte sein, dass die Buchungen über die Buchungssysteme mit Euro-Preisen noch zunehmen werden, weil es in den Katalogen auf dem Schweizer Markt nur noch Franken-Preise gibt. Letztlich ist es ein Wettbewerbsthema. Aus meiner Sicht wurde in diesem Fall das SECO vor den Karren des Wettbewerbs gespannt.

Welche Massnahmen planen Sie?

Das ist für uns eher ein Verwaltungsakt und nicht ein wirkliches Problem, aber es ist mit Mehrkosten verbunden. Wir müssen die Prozesse so hinbekommen, dass sich der Aufwand in möglichst geringen Grenzen hält. Online sind wir mit FTI.ch am Markt, Betreiber der Seite ist aber FTI in München und die Buchungen werden auch in München abgewickelt. Auf der Homepage weisen wir den Euro- und den Franken-Preis aus. 

Welche Meinung vertreten Sie betr. GDS-Gebühr der Lufthansa Group?

Wir sind überhaupt nicht erfreut. Aus Kundensicht bewegen wir uns damit wieder Richtung Urzeiten, da Themen wie Interlining und vieles mehr nicht gelöst sind. Die Lufthansa Group versucht, Kosten zu sparen bzw. Kosten auf die Vertriebspartner abzuschieben, um sich damit einen Wettbewerbsvorteil im Direktvertrieb zu verschaffen. Bilaterale Gespräche sind anberaumt, eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Wir werden sehen, wie wir damit umgehen werden. Viel Zeit hat man uns jedenfalls nicht gegeben. Ob es letztlich für die LH Group gut ausgeht, ist eine andere Frage.

Die Alternative, ohne die EUR 16 Gebühr über lufthansa-agent.com zu buchen, ist unbrauchbar. Daran sieht man, dass man sich im Vorfeld kaum Gedanken über die Prozesse gemacht hat, sondern nur die einzusparenden Kosten im Auge hatte.

FTI Schweiz ist am Euroairport zu Hause. Wie belastend ist die Kommunikationsproblematik, Stichwort Swisscom, und der Steuerstreit?

Wir werden nicht abwarten, bis sich Frankreich und die Schweiz geeinigt haben und was dann je nach Entscheid auf uns zukommen wird. Wir ziehen auf Anfang Januar 2016 nach Allschwil um und führen dort FTI Voyages, FTI Schweiz und das Servicecenter unter einem Dach zusammen. Das löst unser durch Wachstum bedingtes Platzproblem und gibt uns Rechtssicherheit.

Wird es am neuen Ort eine gesamtverantwortliche Person geben?

Insgesamt haben wir in Basel rund 80 Mitarbeitende, 18 davon bei FTI Schweiz. Das kommt daher, dass der französische Markt wegen der unterschiedlichen Mentalität und Sprache mehr Manpower benötigt als FTI Schweiz, die von Synergien, zum Beispiel beim Kundendienst, von München profitieren kann. Alleine im Servicecenter von FTI Voyages in der Stadt arbeiten rund 30 Personen. Zudem hat FTI Voyages im Gegensatz zu FTI Schweiz eine eigene Produktabteilung.

Bis Juni 2013 war Verda Birinci-Reed auch für den französischen Markt zuständig. Mit der Übernahme von Starter Voyages und der Gründung von FTI Voyages haben wir die Geschäftseinheiten getrennt. Birinci-Reed ist seit zwei Jahren für FTI Schweiz zuständig, Anke Hsu stand FTI Voyages vor. Sie hat uns Ende Januar 2015 verlassen und seit 1. Juli hat nun Axel Mazerolles hier in Basel als Directeur Général die Verantwortung für FTI Voyages übernommen. Die Nachfolge von Verda Birinci-Reed an der Spitze von FTI Schweiz wird hierarchisch gleichgestellt sein.

Urs Hirt