Ist «from 9 to 5» noch zeitgemäss? (Ausgabe 2015-36)

Die Frage, wann und wie lange ein Reisebüro für seine Kunden da sein muss, erhitzt die Gemüter.

Reiseplanung braucht Zeit. Diese haben berufstätige Kunden meist abends und am Wochenende. Wie viel Sinn macht es dann, dass Reisebüros zu normalen Bürozeiten geöffnet haben? Eine Umfrage unter den grossen Veranstaltern bringt verschiedene Argumente zu Tage.

Im Schnitt sind die Büros von 8.30 bis 18.30 Uhr offen, wobei die Reisebüros in den Einkaufszentren länger geöffnet haben. Annette Kreczy, Head of Retail Kuoni Schweiz, sagt dazu: «Die Öffnungszeiten unserer Filialen passen sich den Lokalitäten an. Es macht wenig Sinn, abends länger offen zu haben, wenn an der gleichen Strasse alle Läden bereits geschlossen sind.» Handlungsbedarf für eine Anpassung der Bürozeiten sehen die befragten Veranstalter zurzeit nicht, weil Beratungen ausserhalb der Geschäftszeit möglich sind. Dieser Service wird mehr oder weniger aktiv angeboten. Allerdings kommen solche Terminwünsche laut den Tour Operators eher selten vor. Offenbar wird auch der Abendverkauf unterschiedlich stark genutzt, was meist mit der Lage der Büros und der Kundenfrequenz zusammenhängt. 

Dadurch, dass das Internet 24 Stunden verfügbar ist, gehen den Reisebüros jedoch durchaus Kunden verloren. «Gerade wenn sich Kunden umfassend am Samstag in den Büros beraten lassen, kann es beim Nachfassen am Montag vorkommen, dass sie sagen, sie hätten bereits im Internet gebucht», erzählt Christoph Huckele, Head of Marketing bei Knecht Reisen.

Trotzdem ist der Samstagsverkauf für viele Büros nach wie vor der lukrativste Tag mit dem meisten Umsatz und daher extrem wichtig, wie Patrick Binz, Leiter Verkauf bei Globetrotter Travel Service, erklärt. Es sei aber schwierig, generelle Aussagen zum Umsatz am Wochenende zu machen. «Es gibt starke Schwankungen, die manchmal nicht nachvollziehbar sind», so Huckele. Einheitlich ist die Aussage, dass Beratungen auf Termin oft mit einer grösseren Buchungsabsicht abgemacht werden und folglich gewinnbringender sind. «Wir versuchen das Termingeschäft weiterhin zu pushen, das funktioniert sehr gut. So kann auch abgeschätzt werden, wie viele Mitarbeiter im Schnitt eingesetzt werden müssen», so Binz. Obwohl das Termingeschäft durchweg als profitabel angesehen wird, unterhält überraschenderweise nur Globetrotter ein ausgefeiltes Online-Terminbuchungssystem, über welches der Kunde Standort, Zeit und Reiseberater selbst wählen kann.

Um dem Abgang von Kunden ins Internet zu begegnen, versucht TUI Suisse ein neues Experiment in der Verknüpfung zwischen Online- und Offline-Welt. Kunden können sich in einem Reisebüro via iPad selbst inspirieren lassen und bei Bedarf eine Reiseberaterin hinzuziehen, so Roland Schmid, Mediensprecher von TUI Suisse. Auch Hotelplan Suisse versucht, online und offline zu kombinieren. «Der Kunde kann beispielsweise online buchen und die Dokumente in der gewünschten Filiale abholen, in welcher er auch noch eine zusätzliche Beratung erhält oder die Zahlung leisten kann», so Daniel Reinhart, Director Retailing & Agent Sales von Hotelplan Suisse.

Für die meisten Veranstalter gilt es, bei Bedarf flexibel zu sein und die sich ändernden Kundenbedürfnisse zu beobachten. «Wir machen das, was der Konsument will», sagt z.B. Reinhart.

Jessica Weber