Auf der Strecke Schweiz–Paris wird’s enger (Ausgabe 2015-41)

Nach der Marktliberalisierung in Frankreich drängen die Fernbus-Anbieter auf die TGV-Parade-strecke. Die Mitbewerber beobachten die Konkurrenz aufmerksam, geben sich aber noch recht gelassen.

Etwas mehr als 1000 Tage ist es her, dass in Deutschland der Fernbusmarkt liberalisiert wurde. Dort sind inzwischen rund 1000 Fernbusse unterwegs, die Passagierzahl wuchs seit dem Start von rund zwei auf heute 25 Millionen pro Jahr. Vor allem der fusionierte Branchenriese Meinfernbus-Flixbus, der in Europa über 700 Busse mit je 44 bzw. 78 Sitzplätzen im Einsatz hat, expandiert rasant und verdoppelt bislang jährlich seine Flotte. Gerade dieses Jahr hat es besonders in sich.

Das neueste Grossprojekt der europäischen Fernbusriesen heisst Frankreich. Nach der Liberalisierung des dortigen Fernbusmarktes zum 1. August 2015 hat der Wettlauf um die Marktherrschaft begonnen. Natürlich ist auch Meinfernbus-Flixbus mit dabei. «Bis Ende Jahr wollen wir 50 französische Städte ins Netz aufnehmen, darunter die kulturellen Metropolen und auch die Feriengebiete in Südfrankreich», kündigt Unternehmenssprecher Gregor Hintz an. Derzeit fährt Meinfernbus-Flixbus mit dem Kooperationspartner Flixbus France Sarl zehn Städte in Frankreich an (ebenso viele wie in der Schweiz). 

Für Aufmerksamkeit hierzulande sorgen die Fernbus- Linien nach Paris. Seit wenigen Wochen existiert die Verbindung Genf–Dijon–Paris (Haltestelle: Porte Maillot, einen Kilometer vom Arc de Triomphe), die zweimal täglich bedient wird. Markteinführungspreis: neun Euro. Fahrtzeit: 7h15. Man sei mit der Nachfrage-Entwicklung sehr zufrieden, sagt Hintz. 

Nur noch eine Frage der Konzession ist die Route von Zürich über Basel und Offenburg nach Paris. Über Preise will sich Meinfernbus-Flixbus hier aber noch nicht äussern. Die Fahrtzeit dürfte rund acht Stunden betragen. 

Die Mitbewerber haben den Fernbus genau im Blick, geben sich aber noch relativ entspannt. Bei Hauptkonkurrent TGV-Lyria, wo man aus den Städten Basel und Zürich rund 400000 Passagiere pro Jahr nach Paris transportiert, heisst es: «Wir überwachen die Buskonkurrenz genau, allerdings können wir die neue Situation noch nicht genau messen.» Konkrete Massnahmen könnten erst getroffen werden, wenn die Auswirkungen besser abschätzbar seien. Derzeit kostet das Billett für den TGV von Zürich zum Pariser Gare de Lyon ohne Halbtax je nach Reisedatum und Buchungszeitraum zwischen EUR 29 und EUR 128 in der zweiten Klasse. Fahrtzeit: 4h03, sechs Züge gibt es am Tag. Ab Basel sind es drei Stunden Fahrt. 

Bei Railtour äussert sich Key Account Manager Mike Jakob gelassen. «Es wird immer die geben, die niemals Bus fahren, weil ihnen dort u.a. die Bewegungsfreiheit fehlt.» Als man bei den Streiks der Deutschen Bahn Passagiere auf den Bus umgebucht habe, hätten die wenigsten Freude gehabt. Auf Kundenwunsch verkauft Railtour allerdings durchaus Fernbustickets. Man spüre die wachsende Konkurrenz aus dem Busbereich, heisst es bei der SBB. Mit schnelleren Verbindungen, Milliardeninvestitionen in neues Rollmaterial und dem Ausbau der Onlinesuche nach preisbezogenen Tickets halte man dagegen.    

Easyjet fliegt Genf–Paris Orly bis zu dreimal täglich. Konkurrenz sei willkommen auf der hochfrequentierten Strecke, heisst es bei der Billigairline. Man erwarte keinen Passagierrückgang durch die Fernbusse. 2014 seien rund eine Million Passagiere von Genf nach Paris (CDG und ORY) geflogen, davon jeder Dritte mit Easyjet nach ORY. Mit Swiss, Air France oder Easyjet ist man ab Genf bzw. Zürich in ein- bis eineinhalb Stunden in Paris, für (je nach Angebot) rund CHF 150 bis 200 für Hin- und Rückflug. Allerdings kommt noch die Weiterreise vom Flughafen in die Innenstadt hinzu (je zirka eine halbe Stunde).  

Klassische Reisegruppen will Meinfernbus nicht ersetzen. «Wir sehen eher die Mietwagenanbieter als Konkurrenz», so Hintz. Etwa auf der Strecke Zürich–München habe man viele Business-Passagiere gewonnen, u.a. wegen des WLAN-Angebots an Bord. Rund 12% sei der Anteil auf Strecken zwischen Metropolen. Auch in Bern – seit diesem Herbst ein Schweizer Fernbusziel – sieht er grosses Potenzial. Mit der Ausweitung nach Frankreich und Italien wachse die Schweiz automatisch mit. Basel soll in nächster Zeit kräftig ausgebaut werden.