«Wir wollen ein ‹schweiztauglicheres› Produkt auf den Markt bringen» (Ausgabe 2016-03)

Der neue Managing Director von Thomas Cook Schweiz über seine Pläne, Thomas Cook auf dem Schweizer Markt weiterzuentwickeln.

Seit dem 1. Oktober 2015 sind Sie als Managing Director bei Thomas Cook Schweiz tätig. Wie sind Sie gestartet?

Aufgrund einiger Projekte und der Übergabe an meinen Nachfolger war ich zu Beginn drei Tage die Woche in der Schweiz und zwei in Oberursel. Seit dem 1. Januar bin ich ausschliesslich für Thomas Cook Schweiz zuständig und vier Tage die Woche in Pfäffikon. Einen Tag verbringe ich in Oberursel, um Projekte zu besprechen, die die Schweiz betreffen, und um mich mit der IT und dem Vertrieb in Deutschland auszutauschen, was wichtig ist.

Was genau sind Ihre Aufgaben?

Vieles habe ich von Marta di Girolamo übernommen. Es geht v. a. darum, den Vertrieb in der Schweiz auszubauen, Buchungen zu generieren und die Produkte von Thomas Cook bekannt zu machen. Wir sind hier mit den Marken Thomas Cook, Neckermann, Öger und Bucher präsent. Ein spezieller Fokus liegt auf unseren eigenen Hotelmarken Sentido, Smartline, Sunwing, Sunconnect, Sunprime und Casa Cook, die wir führen und teilweise auch besitzen. Besonders interessant für Schweizer sind die Konzepthäuser von Sentido und Smartline.

Bleibt Thomas Cook Schweiz eine reine Vertriebsorganisation?

Heute sind wir ausschliesslich eine Vertriebsorganisation. Den weitaus grössten Teil unserer Reisen verkaufen wir über die Reisbüros, den Rest über unser Callcenter, unsere Homepage sowie unser eigenes Reisebüro in Pfäffikon. Die Ansprüche der Schweizer sind aber etwas anders als die der Deutschen. Deshalb möchten wir ab nächstem Winter ein etwas «schweiztauglicheres» Produkt auf den Markt bringen. Eine weitere Option ist der Einstieg in der Westschweiz.

Welchen Umsatz und wie viele Passagiere generiert Thomas Cook Schweiz?

Das Geschäftsjahr der Thomas Cook Group endet jeweils am 30.9., Details zu einzelnen Ländern geben wir dabei nicht bekannt. Ich kann aber sagen, dass Thomas Cook Schweiz 2015 einen zweistelligen Umsatzzuwachs gegenüber dem Vorjahr verzeichnen konnte. 

Welche Auswirkungen haben die kürzlichen Umstrukturierungen bei Thomas Cook auf Sie als Schweiz-Chef?

Keine, da wir eigenständig agieren können. Organisatorisch bin ich neu an Österreich angegliedert und rapportiere an Ioannis Afukatudis, Managing Director Austria, Switzerland & East. Er sitzt in der deutschen Geschäftsführung und berichtet dort auch, was in der Schweiz passiert. Meine Vorgängerin rapportierte noch an den Vertrieb in Oberursel, ich jetzt via Österreich an den Veranstalter. Für unsere Projekte ist das sinnvoller, weil wir so einen direkteren Zugang zum Produkt haben und individuell Angebote mit Abflug ab Schweizer Flughäfen mit eigenen Preisen erarbeiten können.

Was kann der Schweizer Markt in Zukunft konkret von Ihnen erwarten?

Wir wollen unser eigenes Reisebüro in Pfäffikon modernisieren und prüfen, ob es Sinn macht, mehr eigene Reisebüros aufzubauen. Zudem möchten wir enger mit grossen, wichtigen Reise-büros zusammenarbeiten, um an Bedeutung zu gewinnen. Unser Vertriebsnetz umfasst derzeit 600 Büros. Auch die Technik ist ein grosses Thema, besonders im Cets haben wir für unsere Produkte Nachholbedarf. Die Auswahl der Angebote ist noch zu schwierig, die Darstellung noch nicht ausgereift und das dynamische Produkt noch gar nicht buchbar. Weiter wollen wir unsere Zusammenarbeit mit verschiedenen Schweizer Airlines intensivieren. Neu haben wir auch Flüge ab Bern mit Skywork im Angebot, was gut funk-tio-niert. Darüber hinaus wollen wir im Online-Bereich stärker werden. In diesen Tagen wollen wir auch mit unserer nicht kommerziellen Katalog-Website online gehen, die wir wegen der Aktualisierung der PBV-Richtlinien erstellt haben. 

Was erhoffen Sie sich von dieser?

Die Seite ist kundenfreundlicher als ein gedruckter Preisteil. Auf der Website sind immer die tagesaktuellen Preise und viele zusätzliche Informationen aufgelistet. Für die Information der Kunden werden wir die Reisebüros mit Flyern beliefern. Buchungen können auf dieser wie gesagt nicht kommerziellen Seite nicht getätigt werden.

Warum gibt es keine Internetseite www.thomascook.ch? Entweder wird man umgeleitet auf thomascook.de oder auf neckermann-reisen.ch.

Thomascook.de ist unser Online-Reisebüro. Auf dieser Seite sind alle Angebote unserer eigenen Marken, aber auch Angebote von Fremdmarken buchbar. Auf neckermann-reisen.ch vertreiben wir nur eigene Produkte mit CHF-Preisen. Die allgemeine Seite für die Kunden ist thomascook.de.

Ein Marken-Durcheinander und nicht kundenfreundlich.

Da gebe ich Ihnen Recht. Eine Website mit der Adresse thomascook.ch können wir wegen der angepassten PBV-Richtlinie nicht machen, da im Online-Reisebüro ausschliesslich EUR-Preise angegeben werden. Aus technischen Gründen können wir auf dieser Seite keine CHF-Preise anzeigen. 

Werden Buchungen von Schweizer Kunden über thomascook.de dem Umsatz von Thomas Cook Schweiz angerechnet?

Nein, noch nicht. Das ist ein wunder Punkt, den ich thematisieren werde. 

Wo sehen Sie bei Thomas Cook Schweiz noch Entwicklungspotenzial?

Der Schweizer Markt ist ein qualitativ hochwertiger Markt mit kritischen Kunden. Die Ansprüche sind hoch. Wir stellen fest, dass wir das Beschwerdemanagement unabhängiger machen und mehr an den Schweizer Markt anpassen müssen. Zudem müssen wir individueller auf den Kunden eingehen. Wie man weiss, ist Kuba derzeit bei allen Veranstaltern ganz schwierig. Die Hotels sind ohne Ende überbucht, weshalb Kunden umgebucht werden müssen, was natürlich zu Unzufriedenheit führt. 

«Vergessen Sie den Schweizer Markt», sagte Ihr oberster Chef Peter Fankhauser am Swiss Travel Summit Ende Oktober 2015. Widerspricht das nicht all den Ambitionen, die Sie haben?

Wenn man aktuell das Volumen, das von Thomas Cook in der Schweiz erzielt wird, mit Märkten wie Grossbritannien oder Deutschland vergleicht, sind wir in der Schweiz natürlich noch auf Sparflamme. Aber wie gesagt, wir arbeiten daran, das zu ändern.

Jessica Weber/Urs Hirt