Reiseverbände der EU verlangen Schutz für Reiseunternehmen

Bei der Revision der EU-Pauschalreiserichtlinie wird verlangt, Lehren aus der Pandemie-Krise zu ziehen.
Die EU will Pauschalreiserichtlinie überarbeiten.

Das Ziel der EU-Pauschalreiserichtlinie war ursprünglich ein verbesserter Kundenschutz in allen Mitgliedstaaten der EU. Damit verbunden waren zahlreiche Auflagen für Reisebüros und Reiseveranstalter, die wegen der damit einhergehenden Bürokratie und den Belastungen sowohl für Reisevermittler als auch für Reiseveranstalter seitens des Deutschen Reiseverband (DRV) von Beginn an immer wieder kritisiert worden sind.

Diskussionsveranstaltung in Brüssel

Gemeinsam mit dem europäischen Dachverband ECTAA, zu dem auch der SRV gehört, richtete der DRV am 25. Oktober 2022 eine Veranstaltung anlässlich der Revision der Pauschalreiserichtlinie aus. Zentrales Thema war, welche Lehren aus der pandemiebedingten Krise gezogen werden konnten und inwiefern diese Erfahrungen in die Pauschalreiserichtlinie einfliessen sollten.

An der Diskussionsrunde nahmen Dirk Inger, Hauptgeschäftsführer DRV, Frank Oostdam, Präsident ECTAA, Dr. Ute Dallmeier, Geschäftsführerin Lufthansa City Center Niederrhein und István Ujhelyi, Mitglied des Europäischen Parlaments und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN) teil.

«Der Beginn der Corona-Krise im März 2020 hat gezeigt, dass die Geschwindigkeit politischer Entscheidungsprozesse – besonders auf europäischer Ebene – nicht ausreichend schnell ist. Deshalb brauchen wir in einer künftigen Pauschalreiserichtlinie eine Art Pandemieklausel», sagte Dirk Inger.

Und weiter fordert der DRV: «Bei umfassenden Störungen der Reisekette in mehreren EU-Mitgliedsstaaten wie beispielsweise einer weltweiten Reisewarnung müssen Mechanismen entwickelt werden, die Reisende und Reiseunternehmen gleichermassen schützen. Hier sollte die EU-Kommission im Rahmen der anstehenden Revision der Pauschalreiserichtlinie einen klugen Vorschlag machen.»

Dr. Ute Dallmeier beklagt die ständig zunehmende Menge regulatorischer Anforderungen an die Reiseunternehmen: «Das geht vor allem zu Lasten der kleinen und mittleren Unternehmen, insbesondere der Reisebüros. Doch gerade die rund 10’000 Reisebüros in Deutschland sind die besten Verbraucherschützer ihrer Kunden. Sie lotsen Urlauber und Geschäftsreisende unabhängig zu den besten Angeboten. Durch das wachsende Dickicht aus Vorschriften, Regulierungen und Gesetzen werden gerade diese unabhängigen Unternehmerinnen und Unternehmer erdrückt. Hier brauchen wir ein Umdenken, das die Vielfalt der Reisebüro- und Veranstalterlandschaft wieder stärker wertschätzt.»

Die Forderung nach fairem Wettbewerb

Dirk Inger fordert vor allem faire Wettbewerbsbedingungen. Pauschalreisen stehen nicht nur im Wettbewerb untereinander sondern auch gegenüber den von Kunden direkt buchbaren Einzelleistungen.

Der Verkauf von Einzelleistungen unterliegt aber deutlich geringeren Konsumentenschutzanforderungen. Da in Deutschland der Anteil Pauschalreisen ungleich höher ist als in den anderen EU-Ländern fordert der DRV, dass die Konsumentenschutzanforderungen an die bereits schon sehr konsumentenfreundlichen Pauschalreise nicht noch weiter erhöht werden.

Frank Oostdam, Präsident der ECTAA, ergänzte: «Die Industrie erholt sich und kann positiver Treiber der Wirtschaft sein. Die geplante Reform der Pauschalreiserichtlinie könnte zu einer schlechteren rechtlichen Absicherung bei vielen Verbrauchern führen. Stattdessen sollte die EU die positive Entwicklung in der Reisebranche unterstützen und stärker auf die Vorteile von Pauschalreisen aufmerksam machen. Das erhöht den Verbraucherschutz.»

Und die Schweiz?

Aus der Branche in der Schweiz sind immer wieder Stimmen zu hören, dass das Pauschalreisegesetz (PRG) an die heutigen Umstände angepasst, in ein Reisegesetz umgewandelt oder sogar abgeschafft werden soll. Auch hierzulande hat die Corona-Krise, und die für Pauschalreiseanbieter gegenüber Anbieter von Einzelleistungen um ein vielfaches strengere Haftung, den Bedarf einer Modernisierung des Gesetz aufgezeigt.

Die Krise aufgrund der Corona-Pandemie hat die Reformbedürftigkeit der Pauschalreiserichtlinie deutlich sichtbar gemacht. Vom 15. Februar 2022 bis zum 10. Mai 2022 veranlasste die Europäische Kommission daher eine öffentliche Anhörung zur Pauschalreiserichtlinie bei der sich relevante Akteure äussern konnten. Ein erster Vorschlag der EU-Kommission zur Revision der Pauschalreiserichtlinie wird im Laufe des kommenden Jahres erwartet.

Wie schon die 2017 eingereichte ‘Motion Markwalder’ zeigt, mahlen die politischen Mühlen äusserst langsam und eine Überarbeitung des PRG würde weit unten in der politischen Agenda stehen, denn profilieren kann sich damit keine Partei. Und sollte es doch zu einer Modernisierung kommen, würde diese zugunsten des heutigen, konsumentenfreundlichen Gesetz von den Konsumentenschutzorganisationen wohl per Referendum bekämpft.

Die dereinst revidierte Pauschalreiserichtlinie der EU könnte allenfalls eine Signalwirkung haben. Ob diese dannzumal von der Branche wirklich gewünscht wird bleibt abzuwarten aber die Chancen sind einigermassen gering. (BRA)