Die Krim hat abenteuerliche Tourismuspläne

Bis 20 Millionen Gäste sollen auf die annektierte Halbinsel kommen.
Jalta, Krim. ©Pixabay/vikol009

Die seit 2014 russisch besetzte Halbinsel Krim will wieder eine Touristendestination werden. Bis 2030 sollen 19 bis 20 Millionen Gäste kommen, sagte der Sprecher des Staatsrates der selbsternannten Republik Krim, Wladimir Konstantinow.

Die Krim war schon im zaristischen Russland ein Ferienort für die Schönen und Reichen. Während der Sowjet-Zeit galt sie als «Sanatorium der Nation» und beherbergte pro Jahr rund 10 Millionen Gäste.

Lokalen Medienberichten zufolge werden die ehrgeizigen Pläne in der Strategie für die sozioökonomische Entwicklung der Republik Krim bis 2030 skizziert. So soll die Zahl der Touristen um das 3,5-fache steigen. Dazu soll die Bettenzahl in ganzjährig geöffneten Unterkünften wachsen. Ausserdem soll die Zahl der ausgestatteten Strände von 283 auf 460 ausgebaut werden.

Nur Strände hat es genug

Nach offiziellen Angaben wurde nur die Zahl der ausgestatteten Strände knapp erreicht, in diesem Jahr 446 Strände seien in Betrieb. Die Touristenströme auf der Halbinsel Krim sind ein komplexes Problem, das nicht einfach auf politische oder logistische Probleme zurückgeführt werden kann. Die Unfähigkeit der Region, eine solche Anzahl von Besuchern zu beherbergen, ist in vielerlei Hinsicht kompliziert.

Im Jahr 2017 wurde eine Strategie entwickelt, die auf den Zahlen des Vorjahres basierte, als 5,5 Millionen Touristen die Krim besuchten. Auf dieser Grundlage schätzten die Krim-Behörden, dass die Zahl der Touristen auf 19,25 Millionen steigen würde, wenn man sie mit 3,5 multipliziert.

Experten haben jedoch wiederholt darauf hingewiesen, dass die Halbinsel nicht darauf vorbereitet ist, solche Besucherzahlen zu bewältigen, da sich die meisten Touristen auf kleine Regionen an der Krimküste konzentrieren – Koktebel, Sudak, Aluschta und Jalta.

Die Halbinsel Krim steht vor zahlreichen Herausforderungen, die ihr touristisches Wachstum behindern. So ist die Wasserknappheit ein drängendes Problem, der Stromverbrauch steigt und belastet die regionalen Ressourcen, und die Halbinsel hat Mühe, den zunehmenden Abfall zu bewältigen, den die Touristen verursachen.

Abenteuerliche Berechnungen

Ausserdem sind die Kapazitäten der Krim für die Unterbringung von Touristen begrenzt. In der Republik gibt es nur 1108 offizielle Beherbergungsbetriebe mit einer Kapazität von etwa 160’000 Betten. Geht man davon aus, dass alle Einrichtungen ganzjährig in Betrieb sind und jeder Tourist nur eine Woche bleibt, können maximal 8,5 Millionen Touristen untergebracht werden. Bei einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von zwei Wochen sinkt die Zahl auf knapp über 4 Millionen.

Schliesslich kann das Landgebiet der Krim nicht 10 Millionen Touristen sicher aufnehmen. Lokale Experten haben errechnet, dass die Halbinsel aufgrund der vorhandenen Strände und Bergwälder nur bis zu 8 Millionen Touristen aufnehmen kann. Eine Überbevölkerung der Region würde sich nachteilig auf die Umwelt auswirken.

Trotz der Warnungen von Experten halten die Krim-Behörden an ihren grandiosen Plänen fest. Allerdings existiert dieses Wachstum möglicherweise nur auf dem Papier. Jeder, der auf die Halbinsel kommt, sogar Krimtouristen, die vom Festland zurückkehren, wird als Tourist registriert.

Diese Zahl kann auch alle Bewohner der Halbinsel umfassen, die hin- und herreisen, Urlaub am Meer machen und die Berge und Wälder erkunden. Auch sie können als Touristen betrachtet werden. Dies würde jedoch die Gesamtzahl der Touristen nur um 2 Millionen erhöhen.

Seit der Besetzung der Krim übt Russland die faktische Kontrolle über die Krim aus. Die internationale Gemeinschaft sieht die Krim mehrheitlich weiterhin als Bestandteil des ukrainischen Staatsgebiets, manifestiert beispielsweise in der UNO-Resolution 68/262. (TI)