Eine Schweizer Institution wird saudi-arabisch

Der Ferienverein hat einen Investor gefunden – und damit, so hofft man, auch ein Ende seiner Leidensgeschichte.

«Fortbestehen des Ferienvereins gesichert!» Die Erleichterung ist in der Medienmitteilung der Poscom Ferien Holding AG von letzter Woche spürbar. Kein Wunder – der Verkauf an den saudi-arabischen Investor Sami Al Angari setzt einen vorläufigen Schlusspunkt hinter eine über zehnjährige Phase von Unsicherheit, internen Querelen und existenzbedrohender Verschuldung (siehe unten).

Al Angari, ein 47-jähriger Elektroingenieur und heute CEO des väterlichen Industriekonglomerats Algihaz Holding, übernimmt im Rahmen eines privaten Investments über CHF 58 Mio. alle sechs Hotels und die bestehende Betreiberorganisation Ferienverein, sowie auch den Tour Operator Bikeholiday.ch. Die über 500 Arbeitsplätze im In- und Ausland sollen erhalten bleiben, und offenbar plant Al Angari auch mit dem bestehenden Management um CEO Roman Hofer.

Die Frage ist, was der Saudi-Araber mit dem urschweizerischen «Pöstler-Verein» vorhat. «Herr Al Angari hat uns zugesichert, dass er die Hotels mit dem existierenden Konzept weiterführen», sagt Poscom-Präsidentin Anne Cheseaux im Gespräch mit TI, «es ist vorstellbar, dass neue Häuser hinzukommen, aber der Kerngedanke, qualitativ hochstehende Ferien zu günstigen Preisen anzubieten, bleibt bestehen. Es ist kein Luxus-Konzept geplant.»

Versprochene Investitionen
Das Drei-Sterne-Konzept sei gefragter denn je, gerade bei Familien. Vorstellbar sei aber, dass künftig eine etwas breitere Marketingstrategie gefahren werde; bisher war der Auftritt klar auf die Schweizer ausgerichtet, die einen Grossteil der Kundschaft ausmachen.

Vor allem aber hat Al Angari versprochen, Investitionen zu tätigen. Dies war in den letzten Jahren das Hauptproblem: Die Hotels schrieben operativ zwar alle überdurchschnittlich hohe Betriebsgewinne, die aber trotzdem nicht ausreichten, um das Fremdkapital zu verzinsen und reduzieren und gleichzeitig dringend notwendige Erneuerungen zu tätigen.

«2006 hat man den Ferienverein zwar auf eine tragbare Verschuldung saniert, es dann aber vernachlässigt, einen Teil des Cashflows in die Hotels zu investieren», erklärt Cheseaux. In den letzten Jahren habe man versucht, einige Hotels einzeln zu verkaufen, namentlich die Häuser in Wengen und in Spanien. Der Erfolg blieb aber aus. Und so wuchs die Verschuldung, die vor der letzten Sanierung noch CHF 54 Mio. betragen hatte, wieder auf CHF 63 Mio. an.

Al Angari kauft nun das Gesamtpaket für CHF 58 Mio., übernimmt aber nicht die kompletten Schulden. Die Personalvorsorge des Kantons Zürich (BVK) verzichtet auf einen Teil ihrer Forderungen, die ursprünglich einmal über CHF 100 Mio. betragen hatten. Die 9000 Kleinaktionäre, viele davon ehemalige PTT-Angestellte, erhalten eine Liquidationsdividende, die laut Cheseaux zwischen 25 und 26% des eingesetzten Kapitals liegen wird. Damit sie weiterhin zu ihren Vorteilen im Ferienverein kommen, entsteht ein neuer VIP-Club. «Bestehende Vorzüge wie Aktionärswochen oder Ferienpunkte werden dort fortgeführt, ausserdem erhalten sie und ihre Familienmitglieder einen hohen Status im neuen Loyalty-Programm», so Cheseaux. (Stefan Jäggi)

Eine bewegte Geschichte

  • 1963 wird der Ferienverein von Willi Bähler gegründet. Der damals 23-jährige Postbeamte will den PTT-Mitarbeitenden qualitativ hochstehende Ferien zu günstigen Preisen ermöglichen. Startkapital: CHF 12’000.
  • In den nächsten 40 Jahren wächst das Unternehmen stetig weiter, übernimmt neun Hotels und Ferienanlagen sowie eine Car- und Hausbootflotte. Heute noch im Portfolio sind (in Klammern das Jahr der Übernahme) das Valaisia in Crans-Montana (1976), ehemalige Sanatorium Altein in Arosa (1979), das Giverola Resort an der Costa Brava (1980), der Schweizerhof in Sils-Maria (1982), das Tirreno Resort auf Sardinien (1983) und das Victoria-Lauberhorn (2000).
  • Anfang 2006 müssen die neun Hotels neu bewertet bzw. wertberichtigt werden. Die böse Überraschung: Der Ferienverein ist mit CHF 54 Mio. verschuldet, steht kurz vor der Insolvenz. Im Zentrum steht das «Las Playitas» auf Fuerteventura, ein Gemeinschaftsprojekt mit Kuoni als 35-prozentiger Minderheitsaktionär. Kuoni muss CHF 33 Mio. abschreiben und rutscht selbst in die roten Zahlen. Im VR der Ferienverein-Tochter Brava Holiday Club, welche die Playitas-Investition tätigt, sitzen hochrangige Kuoni-Vertreter wie Max E. Katz und Roberto Luna. Kuoni übernimmt daraufhin das Projekt komplett und wird es trotz intensiver Bemühungen bis am Schluss nicht los – es wird 2015 an die DER Touristik mitverkauft.
  • Der Ferienverein wird 2006 erfolgreich saniert und in die Aktiengesellschaft Poscom Ferien Holding AG unter der Leitung von Anwalt Felix Rutschmann umgewandelt. Die Transportsparte Car Rouge verkauft man an Eurobus. Entlastung bringt zudem, dass die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich (BVK) auf CHF 46 Mio. Forderungen (von insgesamt CHF 109 Mio.) verzichtet.
  • Später werden weitere Hotels veräussert: 2008 das Don Leon auf Mallorca an Universal, 2010 die Pensiun Chesa Pool im Fextal an Hotelier Hans-Jürg Buff.
  • 2012/13 gibt es neuen Knatsch: VR-Präsident Peter Vollmer wird abgewählt, aufgrund «falscher und verletzender Behauptungen gegen den Verwaltungsrat». Vollmer selbst spricht von einem «Putsch», bezeichnet die Entschädigungen für den Verwaltungsrat als «Selbstbedienungsladen».
  • Operativ schreibt der Ferienverein zwar einen konstanten Gewinn von CHF 39 bis 41 Mio. jährlich, der Schuldenberg will aber nicht kleiner werden: CHF 67 Mio. sind es im Jahr 2016. Und personell ist die Kommunikationspolitik weiterhin fragwürdig: CEO Michael Lüthi wird durch Roman Hofer ersetzt, ohne dass die Öffentlichkeit oder die Kleinaktionäre darüber informiert werden. Am Hauptsitz müssen vier von 20 Mitarbeitern aus Spargründen gehen. Es wird bekannt, dass ein Investor gesucht wird.
  • Im Januar 2018 erscheint der Name Sami Al Angari erstmals in der Öffentlichkeit. Letzte Woche dann die Bestätigung: Die ausserordentliche Generalversammlung genehmigt den Verkauf des Ferienvereins an den saudi-arabischen Investor4, die Muttergesellschaft Poscom soll liquidiert werden. Die BVK verzichtet erneut auf Forderungen. Die 9000 Kleinaktionäre behalten ihre Vorzugskonditionen dank einem neuen VIP-Club und erhalten eine Liquidations-Dividende.