«2015 haben wir 90% mehr Schweizer als 2014 transportiert» (Ausgabe 2016-14)

Roland Jaggi, Director Sales, Revenue Management, Pricing and Distribution bei Aegean, über die Flüchtlinge und die Entwicklung der Airline.

Herr Jaggi, Sie leben seit zehn Jahren in Athen. Wie kritisch ist die aktuelle Lage in der Hauptstadt Griechenlands? 

Die Lage ist sehr ruhig und friedlich, die Bilder im Fernsehen trügen. Die Griechen gehen auf die Strasse und helfen den Flüchtlingen mit dem Wenigen, was sie selber haben, was mich sehr beeindruckt. Anfangs war Griechenland überfordert. Doch in der Zwischenzeit haben sich gerade die Inseln sehr gut organisiert. Sobald die Vereinbarung der EU mit der Türkei über die Rückführung von Flüchtlingen umgesetzt wird, was ja in diesen Tagen stattfinden soll, hat Griechenland die Chance, sich dann auch auf dem Festland besser zu organisieren.  
Ist Aegean an der Rückführung von Flüchtlingen beteiligt? 
Bis anhin nicht im grossen Rahmen. Nach dem ersten Abkommen im letzten Herbst haben wir bis anhin nur sporadisch Flüchtlinge nach Europa transportiert. Die damals vorgesehene Verteilung von Flüchtlingen in Europa ist nie richtig in Schwung gekommen.  
Schlägt sich diese Krise auf das FlugGeschäft nieder? 
In der Reisebranche ist das Buchungsverhalten generell sehr zurückhaltend. Die Terroranschläge verunsichern. In der Schweiz konnten wir in den ersten beiden Monaten dieses Jahres trotzdem ein erfreuliches Umsatzplus verzeichnen. Dabei geht der Trend vor allem zu «kleineren» Inseln wie z.B. Korfu, Naxos oder Paros. Bei Kreta und Rhodos sehen wir eine gewisse Zurückhaltung, sind aber zuversichtlich, dass sich diese legen wird. Griechenland ist eine gute Option; nachdem gewisse Ferienorte wie Spanien ausgebucht sind, erwarten wir ein erhöhtes kurzfristiges Geschäft.  
Wie erklären Sie sich das erfreuliche Umsatzplus aus der Schweiz? 
Wir haben sehr viel in die Schweiz investiert und die Kapazitäten für den Sommerflugplan 2016 erhöht, in
Zürich um 40% in Genf um 30%. Mit dem Sommerflugplan 2016 fliegt Aegean täglich von Zürich und Genf direkt nach Athen. Weiter bieten wir Direktflüge von Zürich und Genf nach Heraklion sowie nach Rhodos. Einen Zuwachs von Schweizer Gästen ver–
zeichnen wir jedoch auch auf unseren Flügen via Athen in den mittleren Osten, z.B. nach Teheran. Und: 2016 wachsen wir um vier A320 und verfügen somit total über 61 Flugzeuge.
Zypern, bzw. Larnaca steht jedoch nicht mehr auf dem Programm? 
Nachdem Cyprus Airways Anfang 2015 den Betrieb eingestellt hatte, sind wir im letzten Jahr zwei Mal wöchentlich direkt aus der Schweiz nach Larnaca geflogen. Unser Wachstum findet in Athen statt, weshalb wir uns auf die Via-Flüge konzentrieren und den
Direktflug von Zürich einstellen.  
Aegean wächst in der Tat: 2015
beförderte die Airline 1,5 Mio. mehr Passagiere als im Vorjahr. Wie viele Gäste kamen aus der Schweiz? 
Knapp 200000 Gäste, das sind 90% mehr als im Vorjahr, was, wie gesagt, mit den erhöhten Kapazitäten aus der Schweiz zu tun hat. Generell gesehen wuchs das Inlandgeschäft um 7%, der Verkehr im Ausland um 24%. An diesem Erfolg wollen wir anknüpfen. 
Die grösste griechische Airline 
Aegean wurde 1987 unter dem Namen Aegean Aviation gegründet.
Anfangs wurden nur Flüge mit kleinen Geschäftsreiseflugzeugen durchgeführt. 1994 kaufte der Konzern Vassilakis die Airline auf und baute sie aus. Im März 1999 wurde die heutige Aegean Airlines gegründet, die im Mai die ersten Passagierflüge durchführte. Im selben Jahr schloss man sich mit Air Greece zusammen. 2001 übernahm sie Cronus Airlines. Seit November 2005 ist Aegean Airlines Partner der Lufthansa. Die grösste griechische Fluggesellschaft ist seit 2010 Mitglied der Luftfahrtallianz Star Alliance und seit 2007 an der Athener Börse gelistet. 2015 beförderten sie total 11,6 Mio. Pax, das sind 1,5 Mio. mehr als 2014. Das Inlandsgeschäft wuchs um 7%, der Verkehr mit dem Ausland um 24%. «Im grenzüberschreitenden Verkehr sind wir viermal stärker gewachsen als der Markt», zieht Dimitris Gerogiannis, CEO Aegean, Bilanz. Aegean konnte den Passagierausfall von 45% aus Russland nach Heraklion und Rhodos kompensieren. Basis für den Ausgleich war die erhöhte Kapazität für Märkte wie Schweiz, Frankreich und Zypern.
Erna Jonsdottir