«An einen Grossen hätte ich mein Büro nie verkauft» (Ausgabe 2016-02)

Reisebüro-Inhaber Rolf Helbling hat seine Nachfolge geregelt. Wichtig war ihm eine KMU-Lösung.

Sie übergeben Ihr Unternehmen mit zwei Reisebüros am 1. Januar 2017 zu 100% an den bisherigen Baumeler-Geschäftsführer Michael Mettler. Wie kam es zu diesem Entscheid?

Dass ich mich mit der Nachfolge-Thematik beschäftige, war bekannt. Ich komme nächstes Jahr ins Pensionsalter. Michael Mettler ist an mich herangetreten mit der Frage, ob ich mir vorstellen könnte, ihm meine Firma zu verkaufen. Er möchte selbstständiger Unternehmer werden, in seine Heimat Ostschweiz zurückkehren und seinen Wunschtraum, Helbling Reisen zu übernehmen und als KMU weiterzuführen, verwirklichen.

Bleiben Sie weiter im Unternehmen?

Ja, denn erstens werde ich Michael Mettler, der am 1. September 2016 bei uns starten wird, in der ersten Zeit unterstützen. Und zweitens will ich für meinen grossen Kundenkreis weiterhin als Ansprechperson zur Verfügung stehen. Zudem habe ich Gruppen und Projekte, die bis Ende 2017 und teilweise bis 2019 laufen und die ich selber betreue.

Warum haben Sie Ihren Betrieb nicht an ein grosses Reiseunternehmen verkauft? Einige der «Big Five» zeigten doch sicher Interesse?

Das Interesse der Grossen an meinem Betrieb ist seit zehn Jahren vorhanden. Verhandlungen habe ich aber nie geführt, denn mein Wunsch war es, dass meine Büros weiterhin unabhängig und von einem Unternehmer geführt werden und nicht als Filialbetrieb. Ohne eine unabhängige KMU-Lösung hätte ich das Unternehmen weitergeführt.

Sie sind also vollauf zufrieden, wie Sie Ihre Nachfolge regeln konnten?

Ja, denn meine drei wichtigsten Ziele konnte ich erreichen. Es ist die beste Lösung für meine 18 Mitarbeitenden, die sich damit zu 100% identifizieren können. Die Firma bleibt ein KMU und das Unternehmen verbleibt zudem im TTS-Verbund. Ich bin ja noch die einzige Person, die seit der TTS-Gründung immer noch aktiv dabei ist.

Kennen Sie weitere KMU-Reiseunternehmen, welche vor der gleichen Herausforderung stehen?

In meinem Bekanntenkreis in der Branche gibt es – wie übrigens in der gesamten Schweizer KMU-Landschaft – einige wenn nicht sogar viele Betriebe, die vor der gleichen Herausforderung stehen wie ich. Innerhalb der TTS-Gruppe besteht natürlich ein Interesse, dass Mitglieder nicht an einen Grossen verkauft werden. Das Problem ist aber vielfach die Grösse eines Betriebes und damit die Abhängigkeit des Inhabers.

Woran liegt es, dass es immer schwieriger wird, eine Nachfolge-
regelung zu finden?

Es liegt vor allem am fehlenden Mut von jungen Branchenkräften, Unternehmer zu werden. Hinzu kommt, dass wir eine zwar schöne und spannende, aber auch schwierige und sehr arbeitsintensive Branche sind. Nicht vergessen darf man auch den finanziellen Aspekt, etwa die Verdienstmöglichkeiten, aber auch die Belastungen durch die Kundengeldabsicherung und die IATA-Garantien, und das Risiko, das viele junge, begabte Nachwuchskräfte von einem solchen Schritt abhält und in die Arme der Grossen treibt. 

UH