Arbeitgeber verlieren mehr als Arbeitnehmer (Ausgabe 2009-50)

Jean-Claude Raemy zur Lohn-Nullrunde

2009 war ein schlechter Jahrgang für die meisten Unternehmen im
Schweizer Outgoing-Tourismus. So war der Spielraum für Lohnerhöhungen
klein, und demzufolge konnte die Erwartungshaltung der Lohnempfänger in
Bezug auf die Lohnrunde 2010 nicht sehr hoch sein.

Oder etwa doch? Arbeitnehmer wollen – das ist verständlich – immer mehr
Lohn sehen, und in der Schweiz hat man sich an jährlich steigende Löhne
gewöhnt. In guten Jahren wollen sie ihren Anteil am Aufschwung in barer
Münze entlöhnt haben. Und in schlechten Jahren heisst es, dass mehr
Lohn die Kaufkraft stütze und damit den Wirtschaftsmotor am Leben
erhalte.

Doch dieses Argument zieht heuer nicht. Die Arbeitgeber haben nämlich ein gewichtiges
Gegenargument: Die Teuerung verlief 2009 negativ. Das heisst, dass die
Kaufkraft selbst bei gleich bleibendem Lohn leicht steigt. TUI Suisse
und M-Travel Switzerland (MTCH) haben dementsprechend die Löhne 2010
auf demselben Niveau wie 2009 belassen. Immerhin. Denn man hat gerade
auch 2009 wieder bei diversen Airlines gesehen, dass einige
Arbeitnehmergruppen auch Lohneinbussen hinnehmen mussten.

Wie sich die beiden anderen grossen Reiseunternehmen, Kuoni und Knecht,
verhalten werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar, da deren
Lohnrunde später angesetzt ist. Es scheint aber nicht aus der Luft
gegriffen zu sein, dass sie die Löhne im Schnitt ebenfalls gleich
halten oder nur minim anheben werden, zumal laut den meisten Prognosen
auch 2010 kaum wirtschaftliches Wachstum liefern wird. Dass es dennoch
auch anders geht, hat jüngst Globetrotter bewiesen, wo die Löhne auch
2010 angehoben werden, um zwischen 0,5% und 1,5%.

Im Grossen und Ganzen ist das Resultat der Lohnrunde 2010 in der
Reisebranche aber eine Stagnation. Die Arbeitnehmer sollten sich
eigentlich nicht beklagen. Wie bereits beschrieben, ist die Kaufkraft
aufgrund der negativen Teuerung trotzdem gestiegen. Die wirklichen
Verlierer sind die Firmeninhaber – ob grosser oder kleiner Unternehmen
–, welche die Differenz aus Gewinneinbruch und stabiler Lohnsumme zu
berappen haben. Verlierer auf Arbeitnehmerseite sind höchstens jene,
welche ihre Stelle ganz verloren haben. Aber da hat ja gerade die
Reisebranche mit Kurzarbeitsmodellen (und dabei bezahltem Fehlbetrag
des von den Behörden bezahlten 80%-Lohns) oder anderen kreativen
Lösungen bisher das Schlimmste abzuwenden gewusst.