Billig-Fernbusse: Kein Geschäft für Schweizer Firmen (Ausgabe 2016-10)

Die grünen Busse fahren inzwischen ab der Schweiz fast überallhin, nur nicht mit Schweizer Busunternehmen. Warum?

Grüne Busse, wohin man schaut. Dass der Linien-Fernbusmarkt in der Schweiz weiter wächst und quantitativ v.a. von einem Anbieter dominiert wird, ist kaum mehr zu übersehen. Das inzwischen fusionierte deutsche Unternehmen Meinfernbus-Flixbus schickt derzeit täglich 70 Busse durch die Schweiz an Ziele in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und darüber hinaus. Ab Zürich-Sihlquai gibt es u.a. täglich elf bis 15 Abfahrten nach München und sieben nach Frankfurt am Main. Was kaum jemand weiss: Die grünen Busse gehören gar nicht Meinfernbus, sondern Sub-Bus-Unternehmen. Ebenso die Fahrer. Meinfernbus ist allein für Vertrieb und Marketing zuständig und holt die Streckenbewilligungen ein. 

Stellt sich die Frage: Wer sind die Sub-Unternehmen und woher kommen sie? Man arbeite mit etwa 200 Partnern zusammen – aus Deutschland, aber auch aus Frankreich, Holland und der Schweiz, teilt Meinfernbus-Flixbus mit. Namen werden keine genannt. Wer sich jedoch am Zürcher Busbahnhof Sihlquai umschaut, sieht v.a. deutsche Kennzeichen und an der Fahrertür sind Namen zahlreicher deutscher Unternehmen zu finden. Gut vertreten ist Albus München (Tochter von Albus Salzburg), aber auch Stiefvater Lörrach ist zu lesen, zudem unbekannte Namen. Warum man kaum oder keine Schweizer Firmen entdeckt, lässt sich leicht herleiten: Wer Schweizer Löhne zahlen muss, kann es sich nicht leisten, für den Billigbusanbieter zu fahren. 

Der Schweizer Bus-Experte Patrick Angehrn, der sein Unternehmen Expressbus inzwischen verkauft hat und heute als Berater arbeitet, war seinerzeit gemeinsam mit Kollegen von Domo Reisen in Verhandlungen mit Flixbus. Damals sei es um den Einsatz von bis zu 24 Bussen für Flixbus zwischen der Schweiz und Deutschland, Österreich sowie Tschechien gegangen – inklusive eines Hubsystems in Zürich mit Flixbus-Umsteige-Passagieren Richtung Süd- und Westeuropa. Schnell war jedoch klar: Mit Schweizer Kostenstrukturen ist das kein Geschäft. «Nur bei hoher Auslastung der Busse hätte sich das ansatzweise gelohnt und darauf hätten wir ja nicht einmal Einfluss gehabt, da der Verkauf allein bei Flixbus gelegen hätte», erläutert Angehrn. 

Bei anderen Busunternehmen hierzulande hält man sich auf Anfrage bedeckt. Ein deutsches Busunternehmen, das mit der Knecht-Gruppe verbunden sei und in Deutschland sitze, fahre mit zwei Bussen zwischen Zürich und Frankfurt, lässt Geschäftsführer Andreas Meier von Eurobus wissen. Ein Tochterunternehmen von Eurobus sei es jedoch nicht. Um welches Unternehmen es sich handelt, war weder seitens Eurobus noch seitens der Knecht-Gruppe zu erfahren. Beim IC-Bus, der für SBB und DB von Zürich nach München fährt, ist man offener: Die Busse gehörten Arzt-Reisen aus Bayern. Auch die Fahrer seien dort beschäftigt. Das Check-in-Personal stellt die SBB.

Experte Angehrn sieht künftig zwei Richtungen im Linien-Busreisebereich: Einerseits die Kunden, welche ausschliesslich den günstigsten Preis suchen und andererseits jene, die bereit sind, für entsprechende Qualität und einen bekannten Schweizer Markennamen eine Aufpreis zu bezahlen. «Da Schweizer Unternehmen aufgrund der höheren Produktionskosten und der Benachteiligung als Nicht-EU-Unternehmen im ersten Segment meines Erachtens keine Überlebenschance haben, empfehle ich meinen Klienten, sich auf den zweiten Bereich zu fokussieren», so Angehrn.

Per Linien-Luxus-Bus nach Spanien für CHF 99 pro Weg, das sei ein gutes Angebot, nennt Angehrn ein Beispiel von Domo Reisen. Auch Eurobus sei preislich durchaus konkurrenzfähig, sagt Andreas Meier. Beispiel: Zwar kann man mit Meinfernbus ab EUR 16 pro Weg von Zürich in den Europa-Park fahren (macht hin und zurück plus Parkeintritt EUR 76,50). Bei Eurobus kostet die Tagesfahrt inkl. Eintritt ab CHF 76. «Wir haben auf den Endkunden ausgerichtete, touristische Angebote, das ist ein ganz anderes Geschäft», sagt Meier. So seien z.B. Details wie die Abfahrtszeiten ausschliesslich an die Schweizer Gäste angepasst. 

SG