Board of Airline Representatives kündigt Verhaltenskodex mit SRV (Ausgabe 2008-03)

Gespräche für neuen Code of Conduct gescheitert. SRV befürchtet Flut von unilateralen Weisungen.

Seit Sommer 2006 fanden intensive Gespräche zwischen dem Board of
Air-line Representatives (B.A.R.) und dem Schweizerischen
Reisebüro-Verband (SRV) statt. Es ging darum, den aus dem Jahre 1999
stammenden Code of Conduct (CoC) für die Anwendung von
Computerreservierungssystemen (GDS) zu überarbeiten und den veränderten
Verhältnissen anzupassen. Diese Gespräche sind gescheitert, ein neuer
CoC ist nach dem durch das B.A.R. am 6. Dezember gekündigten alten
Verhaltenskodex nicht in Sicht.

Auf Anfrage von TI erklärt B.A.R.-Präsident Ernst Kaufmann (United
Airlines): «Es waren sehr intensive Gespräche und letztlich standen wir
textlich eigentlich vor dem Abschluss. Einziger Knackpunkt waren noch
die Guaranteed Fares. Dem SRV war wichtig, dass sich die Agenten darauf
verlassen können, dass jeder publizierte Tarif auch garantiert so
gebucht werden kann.»
Grundsätzlich habe man einen griffigeren Vertrag als den alten
angestrebt. Griffig heisse aber auch verbindlich und da seien auf
einmal die rechtlichen Aspekte in den Vordergrund gerückt. Deshalb habe
das B.A.R. darauf verzichtet, bezüglich der Guaranteed Fares noch einen
neuen Lösungsansatz zu unterbreiten.

Kaufmann: «Unsere Rechtsberater und wir mussten erkennen, dass eine
Interessengemeinschaft wie das B.A.R. keine verbindlichen Weisungen für
die Schweiz im Namen der Mitglieder – vor allem jener mit Hauptsitz im
Ausland – herausgeben kann. Das geht in Richtung Absprache und
verstösst gegen das Gesetz. So wurde uns geraten, auch den alten, noch
gültigen CoC zu kündigen, was wir gemacht haben.»
Laut Kaufmann haben etliche Airlines auf Hauptsitz-Ebene einen CoC
etabliert, teilweise gekoppelt mit Marketingtools. Dieser sei für die
entsprechende Vertretung in der Schweiz bindend. Man sei aber von
Seiten des B.A.R. weiterhin an einem offenen Dialog mit dem SRV
interessiert.

Gemäss Marcel Hausheer (Leiter Fachgruppe Flug beim SRV) werden im CoC
alltägliche Vorgänge im Zusammenhang mit GDS-Buchungen (No-shows
vermeiden, Schulungsbuchungen wieder löschen, passive Segmente, etc.)
geregelt, nicht zuletzt um Kosten zu minimieren.
Bald sei klar geworden, dass man aufgrund der veränderten Verhältnisse
neuerdings von einem Dreiecksverhältnis Agent–Airline–GDS sprechen
müsse. Deshalb habe man in einer zweiten Phase auch die GDS in die
Gespräche einbezogen. Die SRV-Vertreter hätten viel Zeit und Herzblut
aufgewendet und versucht, Recht und Gegenrecht anzuwenden. Bei den
Guaranteed Fares wollte der SRV nicht von seinem Standpunkt abrücken.

Dazu Hausheer: «Wenn ein Agent einen im GDS publizierten, also
geladenen Tarif bucht, sollte er sich auf diese Angaben verlassen
können. Erhält er nachher von der Airline eine Belastung per ADM, muss
er das bezahlen und beim GDS zurückfordern. Das ist ein langwieriger
Prozess und sollte unserer Ansicht nach zwischen GDS und Airlines
abgewickelt werden. Leider haben wir keine Lösung gefunden, obwohl wir
nichts Unmenschliches verlangen.»

Hausheer verschweigt nicht, dass man beim SRV enttäuscht ist: «Wir sind
erstaunt, wie spät der Entscheid, den alten CoC aus
wettbewerbsrechtlichen Gründen zu künden und die Gespräche über einen
neuen auszusetzen, gekommen ist. Wir sind uns bewusst, dass solche
Vereinbarungen in Zeiten von Deregulierung ein Relikt sind. Wir hofften
aber, damit die tägliche Flut von Weisungen von Airline-Headoffices aus
allen Teilen der Welt vermeiden zu können. Wir haben die Befürchtung,
dass nun im gleichen Tempo unilaterale Instruktionen kommen und wir an
der Front bald überfordert sind. Es bleibt ein schaler Nachgeschmack,
man hat eine gute Chance für eine ausgewogene, partnerschaftliche
Lösung verpasst. Unter diesen Voraussetzungen wird es kaum zu neuen
Verhandlungen kommen.»   

Urs Hirt