Codeshares: Freud oder Leid? (Ausgabe 2016-03)

Warum Gemeinschaftsflüge für Airlines immer wichtiger werden und welche Hürden sie dabei nehmen müssen.

Das Wort Codeshare war bis vor kurzem nur Branchenleuten und allenfalls Vielfliegern ein Begriff. Seit dem Zwist zwischen deutschen Behörden auf der einen und Etihad Airways/Air Berlin auf der anderen Seite ist das Thema in aller Munde. Aber nicht nur das: Die Bedeutung der Strategie des geteilten Codes – also zwei oder mehr Airlines teilen sich einen Linienflug und bieten diesen unter einer eigenen Flugnummer an – hat enorm zugenommen. 

«Die Zahl der Codeshares ist massiv angestiegen – auch in der Schweiz», bestätigt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL). Im Jahr 2006 habe es zwölf Fluggesellschaften gegeben, welche die Schweiz statt in Eigenoperation nur im Codeshare anboten. Im Jahr 2016 seien es bereits 22. Lufthansa biete mit 14 Partnern Flüge in die Schweiz an, Spitzenreiter Air France/KLM mit 17. 

«Codeshare-Verträge spielen eine bedeutende Rolle für uns», heisst es bei Swiss, die 25 Codeshare-Partner hat (darunter United Airlines, Air Canada und All Nippon Airways). Beim Ausdehnen des Streckennetzes müsse man für genug Zubringerverkehr sorgen. Und: Beide Partner können für ihre Klientel mehr Flugziele unterm eigenen Code anbieten – ein grosser Vermarktungsvorteil. Codeshare-Partner stimmen zudem Flugzeiten ab, die Passagiere können durchbuchen, ihr Gepäck durchchecken, teils werden Vielfliegerprogramme gegenseitig akzeptiert. 

Für Air Berlin (21 Codeshare-Partner) sind die Codeshares existenziell. Im Zuge des Rechtsstreits um die Gemeinschaftsflüge mit Etihad (EY) wurde bekannt, dass Air Berlin (AB) ohne diese pro Jahr Einnahmen von rund EUR 140 Mio. verlieren würde. Etwa die Hälfte der AB-Passagiere bucht auf den strittigen Strecken offenbar über Etihad.

Das Beispiel zeigt: Ganz so einfach, wie es die Airlines gerne hätten, ist es nicht. Zumindest, wenn es sich um internationale Partnerschaften handelt. In Europa benötigen Codeshares durch Luftfahrtunternehmen aus einem Drittland (ausser EU und EFTA) oder Codeshare-Flüge von und nach einem Drittland von allen beteiligten Ländern eine Bewilligung, denn jedes Land ist Herr über seine Verkehrsrechte. Nationale Aufsichtsbehörden können zudem wettbewerbsrechtliche Bedenken anmelden. Das Abkommen zwischen Deutschland und den Emiraten etwa erlaubt Etihad derzeit, mit ihren Maschinen zu vier Zielen in Deutschland zu fliegen und im Codeshare zu weiteren drei. Die beiden Staaten sind dauerhaft am Verhandeln.   

Die Schweiz verfolge grundsätzlich eine liberale Luftverkehrspolitik, sagt BAZL-Sprecher Urs Holderegger. Es werde jedoch jeder Fall individuell behandelt. Einige Staaten hätten eine sehr restriktive Politik, weshalb es regelmässig zu Ablehnungen à la AB/EY komme, auch die Schweiz betreffend. Einschränkungen gebe es u.a. mit diversen afrikanischen Staaten, Russland und der Türkei. 

Gerade Etihad setzt in ihrer Strategie stark auf Codeshares und hat derzeit 49 Partner (Konkurrentin Emirates z.B. hat 15). Durch die Codeshare- und Eigenkapitalpartnerschaften (darunter Etihad Regional, Air Berlin, Alitalia, Air Serbia) habe Etihad 2015 fünf Millionen Fluggäste (von insgesamt 17,4 Millionen) zusätzlich auf ihren Flügen verzeichnen können – eine Steigerung um 43% gegenüber 2014. Durch Codeshare und Interlining (den Verkauf anderer Airlines ohne Codeshare) kann Etihad weltweit fast 600 Destinationen anbieten. Swiss sagt zu dieser Konkurrenz: «Die Airlines verfolgen weltweit ähnliche Codeshare-Strategien. Dass damit für alle Beteiligten eine gewisse Dynamik im Markt verbunden ist, gehört zum Geschäft.»

Stephanie Günzler