Das Weihnachtsgeschäft läuft schlecht (Ausgabe 2015-48)

Fehlende Reiselust wird spür- und sichtbar

Es ist vorbei mit der guten Miene zum bösen Spiel. Die Auswirkungen der politischen Lage sind in der Reisebranche spürbar. Erstmals äussern sich Vertreter von verschiedenen Retailern zum kurzfristigen Weihnachtsgeschäft, das vor allem aufgrund der politischen Unruhen schlecht läuft. Die Menschen sind verunsichert, sie bleiben wohl eher zu Hause, wird vermutet. Mit einem grossen Ansturm in den nächsten Tagen rechne deshalb niemand. Reto Kuratli, Geschäftsführer Bernhard Reisen, sagt in aller Deutlichkeit: «Die Reiselust ist weg, egal mit wem ich spreche.» Das mulmige Gefühl sei da, auch bei Menschen, die bereits gebucht hätten. 

Die Auswirkungen der politischen Lage sind jedoch nicht nur spürbar, sondern auch sichtbar: Im weihnachtlich geschmückten Strassburg – zwischen Engeln, Sternen und Nikoläusen – patrouillieren schwer bewaffnete Soldaten, wie die Autorin dieser Zeilen am Wochenende auf einer Pressereise feststellen musste. An Bahnhöfen herrscht verstärkte Polizeipräsenz und an der Grenze muss der Ausweis her. Am Freitag startet der Weihnachtsmarkt in Strassburg. Was machen die Soldaten, wenn es eng wird in den Gassen? Diese Frage beschäftigt selbst eingefleischte Weihnachtsmarkt-Liebhaber, denn Märkte gibt es wie Sand am Meer und bald geht’s los mit den Adventsreisen.

Apropos Meer: Es ist ja nicht so, dass niemand mehr in die Ferien fährt. Vor allem Gruppen und Pärchen nutzen die Feiertage, um der Kälte zu entfliehen. Tatsache ist jedoch: Die Reiselustigen haben ihre Weihnachtsreisen im Frühling und im Sommer gebucht, gemäss Umfrage am meisten nach Asien, konkret nach Thailand. Die Edelweiss-Rotationen nach Phuket, die tiefen Preise auf Linienflügen und das gute Preis-Leistungs-Verhältnis vor Ort begünstigen diesen Trend. Und: Frauen können das problemlos alleine bereisen. Das ist gut und recht. 

Doch wer sich erinnert: Es war ausgerechnet die thailändische Hauptstadt Bangkok, die im August von einem Bombenanschlag erschüttert wurde. Darüber spricht jedoch heute keiner mehr. Wir Menschen vergessen eben schnell, machen wieder gute Miene zum bösen Spiel und hoffen, dass es uns nicht trifft. Und genau das tun wir, wir hoffen. Die Unsicherheit ist gross, das muss niemand schönreden. Ernüchternd ist dann auch die Tatsache, dass sich die Geschäftskasse nach dem Eurozerfall kaum mit dem Weihnachtsgeschäft aufbessern lässt. Diese Hoffnung müsste inzwischen gestorben sein. 

Erna Jonsdottir