Der digitale Draht zum Kunden (Ausgabe 2016-06)

Apps, Blogs, Youtube, Twitter oder Facebook – die verschiedenen Antworten von Schweizer Reiseunternehmen auf den digitalen Wandel.

Das Internet hat die Reisebranche massiv verändert. Statt zu klagen, nutzen mittlerweile viele Schweizer Reiseunternehmen die Digitalisierung als Chance. Hotelplan Suisse beispielsweise rüstet technisch auf: Kürzlich präsentierte der Veranstalter seine App «Holiday Box», mit welcher User Reisen buchen, Destinations-Tipps einholen oder Karten gebrauchen können. Ziel: «Wir wollen dem Kunden nicht nur vor und nach der Reise, sondern auch am Ferienort einen Kontaktpunkt bieten», so Manuela Byland, Manager Marketing bei Hotelplan Suisse. Der Veranstalter hofft, durch diese neue, digitale Leitung zum Kunden den Anteil an Wiederholungsbuchungen zu erhöhen.

Wie sieht es bei den anderen grossen Reiseunternehmen aus? «Über die Lancierung einer App haben wir bereits vor mehr als fünf Jahren gesprochen», so Dany Gehrig, CEO von Globetrotter Travel Service. Da sie aber ausschliesslich im Retailing und nicht als Veranstalter tätig seien, wären die Kosten dafür wegen der ständigen Anpassung der verschiedenen Schnittstellen viel zu hoch gewesen. Auch bei Kuoni Schweiz gibt es keine App. Bei der FTI Group ist eine solche in Planung: «Wir wollen dem Kunden damit Mehrwert rund um seine Reise bieten – sowohl bookable als auch non-bookable Content», sagt Sibylle Bloch, Co-Managing-Director von FTI Schweiz. Schon länger erhältlich ist die TUI App, welche laut der Unternehmung von den Kunden gerne genutzt wird.

App hin oder her: Digitaler Kundenservice ist fast überall selbstverständlich. Kanäle wie Facebook, Twitter, Google+, Pinterest, Blogs oder Youtube werden von den meisten der von TI befragten Unternehmen bespielt. Hotelplan entwickelt derzeit mit Hotelplan-TV einen eigenen Youtube-Kanal. Bei Helvetic Tours gibt es die Youtube-Videobeiträge «Oli unterwägs», in welchen die Figur Oli Reiseinteressierte virtuell mit in die Ferien nimmt und seine Reisetipps auf Social-Media-Kanälen teilt. 

Während der Buchungsphase kann der Kunde bei FTI einen geräteübergreifenden Merkzettel mit einem Face-book- oder Google+-Login anlegen und seine Hotels, Destinationen und Reisezeiträume verwalten und vergleichen. «Das heutige Nutzungsverhalten involviert häufig mehrere Endgeräte und mit diesem Service reagieren wir auf diesen Trend», so Bloch von FTI. Trotzdem: Gehrig von Globetrotter ist sich sicher, dass das digitale Angebot Grenzen hat, insbesondere, wenn es um den Kundenservice geht. «Grundsätzlich lautet unsere Strategie: online werben, offline beraten. Unsere Kunden sollen von der Reiseerfahrung unserer Berater profitieren.» Zwar seien Reisen über die Webseite buchbar, das sei aber kein Hauptumsatztreiber.

Eine Herausforderung für die Reiseunternehmen ist die Verbindung von on- und offline. TUI Suisse treibt diese mit den Concept Stores voran, welche alle über iPads und einen Touchscreen mit interaktiver Welt-karte verfügen. Kunden können sich in den Stores von TUI-Angeboten auf den Pads inspirieren und sich bei Bedarf individuell beraten lassen. Daneben wird die Lücke von Online und Offline geschlossen, indem der Kunde später selbst im Internet auf seine Buchung zugreifen und Änderungen oder Zusatzbuchungen vornehmen kann. «Die Concept Stores sind die Reisebüros der Zukunft», ist Bianca Schmidt, Mediensprecherin bei TUI Suisse, überzeugt. 

Bei Kuoni Schweiz enthalten die neuen Kataloge QR-Codes, mit denen ein Kunde auf die Informationen zur jeweiligen Destination auf der Kuoni-elsewhere-Webseite, dem Online-Reise-magazin von Kuoni, verlinkt wird. Umgekehrt werden auf diesem Online-Kanal jeweils Destinations-Experten in den Filialen angezeigt.

Dass der digitale Fortschritt die Reiseleitung vor Ort nach und nach ersetzen könnte, glaubt indes niemand. «Für Krisen- und Notsituationen ist auch in Zukunft ein persönlicher Kontakt unabdingbar», so Marcel Schlatter, Mediensprecher bei Kuoni Schweiz.

Jessica Weber