Der Norden ist bei Kreuzfahrten hoch im Kurs (Ausgabe 2016-06)

Gore-Tex-Jacke ersetzt Badehose

Vom Norden-Boom profitieren Länder, die in den letzten Jahren gelitten haben. So war etwa St. Petersburg aufgrund der Russland-Krise seit 2014 weniger gefragt. Die Stimmung gegen die Russen überschattete auch das Baltikum, umso erfreulicher ist es, dass die Nachfrage für diese Länder nun markant ansteigt. Doch auch die Griechen dürfen sich jetzt die Hände reiben: Viele Reedereien haben Anläufe in der Türkei mit griechischen Destinationen wie etwa Athen und Rhodos ersetzt. Dieser Entscheid wird den Griechen doch einiges mehr an Touristen bescheren als erwartet und der gebeutelten Wirtschaft wieder etwas auf die Sprünge helfen. Einzig möglicher Wermutstropfen bleibt die unsichere Situation bezüglich der Flüchtlingsströme.

Dass viele Schiffe – ab 2017 auch die Norwegian Cruise Line – Island ansteuern, müsste auch die Bewohner dieser Insel freuen. Der Tourismus spielt eine immens wichtige Rolle und ist der Hauptgrund für die Erholung des Landes nach der Finanzkrise 2008. 60% der Jobs, die seit 2010 neu entstanden sind, hängen mit dem Tourismus zusammen. Rund eine Million Touristen aus der ganzen Welt haben Island im letzten Jahr besucht (2014 waren es rund 19300 Schweizer). In zwei Jahren sollen es insgesamt drei Millionen sein, so die hoffnungsvollen Prognosen. Um diesem Ansturm Stand zu halten, wird es noch ein paar Hotels mehr benötigen. Von daher sind die Kreuzfahrtschiffe ideal: Die Touristen besuchen das Land, schlafen aber an Bord. 

Trotz des Norden-Booms ist das Mittelmeer laut der Umfrage von TRAVEL INSIDE bei den Kreuzfahrten nach wie vor Hauptdestination für die Sommerferien. Die Buchungen scheinen kaum einzubrechen, die Nachfrage ist da, sei es für das Östliche, sei es für das Westliche Mittelmeer. Die Menschen wollen im Sommer an die Wärme, an den Strand. Und dank der Flexibilität können die Reedereien auch kurzfristig Alternativrouten anbieten, falls die Passagiere gewisse Ziele lieber meiden möchten.

Eigentlich ist es eine gute Nachricht, dass der Norden boomt und die Mittelmeer-Regionen nicht darunter leiden – mit Ausnahme der Türkei natürlich. Dass der Norden plötzlich derart im Trend liegt, ist jedoch kein Zufall. Um den politischen Unruhen einerseits und den überfüllten Stränden andererseits zu entkommen, schlüpft man doch für einmal gerne in die Gore-Tex-Jacke und lässt sich den Wind ins Gesicht peitschen. Für die Badehose gibt’s einen Hot Pot an Bord.

Erna Jonsdottir