Des einen Freud, des andern Leid (Ausgabe 2006-34)

Urs Hirt über die Katalogflut in den Reisebüros

Die Winterangebote der Reiseveranstalter stehen – die Kataloge werden in diesen Tagen und Wochen den Reisebüros ausgeliefert. Es ist nicht wenig Papier, das da in Form von mehr oder wenig attraktiven Broschüren den Wiederverkäufern vor die Tür oder ins Büro gestellt wird. Vor allem seit die Tour Operators je länger je mehr von ihren Gesamtwerken in Form einer «Reisebibel» wegkommen und sich ein klarer Trend hin zu länder- und themenspezifischen Katalogen herauskristallisiert.

Dieser Trend basiert einerseits auf der Tatsache, dass das traditionelle «08/15-Badeferien-Päckli» im mittleren und oberen Preissegment zwar nicht ausgedient, aber zumindest markant an Gewicht verloren hat. Gleichzeitig hat sich das Profil der Kunden, ihr Reiseverhalten und damit die Anforderungen an die Leistungsträger verändert. Individualität, Flexibilität und Professionalität sind gefragter denn je. Andererseits wollen die grossen Reiseveranstalter nun endlich auch im Markt – ob von Wiederverkäufern oder Kunden – für all ihre weltweit angebotenen Zielgebiete als Spezialisten wahrgenommen werden. Das Angebotssplitting ist also auch ein gezielt eingesetztes Marketingtool. Eines der Resultate dieser Strategie ist eine noch nie da gewesene Vielfalt an Angeboten und Broschüren.

Kein Wunder, dass viele Reisebüro-Verantwortlichen bereits von einer wahren Katalogflut sprechen. Sie sehen sich sowohl mit Platzproblemen als auch mit einer wahren Informationsfülle konfrontiert. Um eine professionelle Beratung zu gewährleisten, sollten sie über alle Angebote Bescheid wissen, was bei allein rund 200 Katalogen der vier grossen Veranstalter plus unzähligen Broschüren von Spezialisten kaum zu bewerkstelligen ist. Fazit: Die Kataloge von Prioritätspartnern und attraktiven Kommisionszahlern bekommen einen Platz in der ersten Reihe, die anderen fallen der Vergesslichkeit anheim, ausser ein Kunde verlangt explizit danach. Der Druck auf die Reisebüros, sich auf den Verkauf von ein paar wenigen TOs zu konzentrieren, nimmt damit nochmals zu.

Klare Gewinner sind die Kunden: Sie profitieren von einer tiefen Angebotsvielfalt, einer breiten Anbieterpalette mit dem entsprechenden Know-how und unzähligen Vergleichsmöglichkeiten. Bei dieser Menge an Informationen dürfte den Reiseberaterinnen und -beratern die Arbeit noch lange nicht ausgehen. Das ist die eigentliche Herausforderung an die Reisebüros.