«Die Reisebranche hat ihre Hausaufgaben gut gemacht» (Ausgabe 2015-33)

Weniger zufrieden ist die Konsumentenschützerin mit der Tarifpolitik der Airlines.

Frau Stalder, wie sehen Sie die neue GDS-Gebühr der Lufthansa-Gruppe aus Sicht des Konsumentenschutzes?

Wie lange Swiss diesen Zuschlag aufrechterhalten wird, bleibt offen. Wir denken, dass die Konsumenten nach den günstigsten Flügen weiterhin online suchen – und da sind ja diverse Vergleichsportale auch vom Zuschlag betroffen. Indirekt bestraft sich die Swiss selbst, da sicher ein kleiner Teil der Recherche direkt bei den Anbieter-Sites gemacht wird. Swiss steht es jedoch frei, wie sie ihre Preisgestaltung macht, denn sie steht im Wettbewerb. Die Reisebranche muss sich klar werden, wie sie dies quittieren will und was sie dem Kunden überwälzen wird. Eine gemeinsame Aktion der Reisebranche gegenüber Swiss wäre bestimmt ein starkes Signal.

Weiter hat Swiss ein neues Tarifsystem eingeführt, mit Light-, Classic- und Flex-Tarifen. Ist Ihrer Meinung nach klar ersichtlich, welcher Tarif was beinhaltet?

Das vermindert die Transparenz, analog den Telekommunikations-Tarifen: ein unübersichtlicher Strauss von diversen Tarifen, die einige Leistungen ein- und andere ausschliessen, hat nur zum Zweck, die Intransparenz zu fördern und die Vergleichbarkeit zu unterbinden.

Es machen Gerüchte die Runde, dass Swiss ihre Preise aufgrund des Verhaltens der einzelnen Kunden individuell anpasst. Wäre dies aus Konsumentenschutzsicht legitim?

Diese Personalisierung der Preise aufgrund des digitalen Fingerprints – ohne dass die Konsumenten wissen, wie die Kriterien sind und wie sie gewichtet werden – wird zu grossen Protesten führen. Dass ein Konsument mehr bezahlen muss für ein identisches Angebot als sein Nachbar, wird nicht goutiert werden, wenn sich diese Preisbildungsart vermehrt durchsetzen sollte.

Bei der Frankenstärke vor vier Jahren hatten Sie moniert, dass die Schweizer Reisebranche die Preise zu wenig schnell angepasst hat. Hat dies in diesem Jahr, nach der Aufhebung des -Euro-Mindestkurses, nun besser geklappt?

Die Reisebranche hat ihre Hausaufgaben mehrheitlich gut gemacht und schnell reagiert – anders als andere Branchen. Wir haben das im letzten halben Jahr auch immer wieder als positives Beispiel ins Feld geführt.

Wenn Schweizer TOs ihre Preise nun nicht mehr in Euro ausschreiben dürfen, befürchten sie eine erneute Benachteiligung gegenüber ausländischen TOs ohne Sitz in der Schweiz. Verstehen Sie diese Bedenken?

Wir können die Bedenken nachvollziehen, sehen aber keine schwerwiegenden Auswirkungen, besonders nicht derzeit mit der Beinahe-Parität von Franken und Euro.

Im Bereich Kreditkarten-Surcharges herrscht zurzeit grosse Unklarheit: Seit 1. August dürfen Reisebüros, Veranstalter etc. eigentlich keine Zuschläge mehr erheben, viele machen aber weiter wie bisher. Was meinen Sie dazu? 

Dieses Nichterheben ist eine Branchenlösung, die zusammen mit der Weko ausgearbeitet wurde. Sie kann aber eingehalten werden oder nicht. Da die versteckten Gebühren (Interchange Clearing Fees) von der Weko gesenkt wurden, wäre es korrekt, wenn die Gebühren deutlich reduziert würden – und ab 2017 bei der nächsten Reduzierungsrunde ganz wegfallen. Wir beobachten die Situation und behalten uns vor, Fälle der Weko zu melden.

SJ