Die Zukunft des Flughafens Zürich (Ausgabe 2016-11)

Zwischen Aviatik, Kommerz und Politik

Die Passagierzahlen am Flughafen Zürich sind im letzten Jahr zwar nochmals gewachsen, dies aber nur dank besserer Auslastung der Flugzeuge und dem Einsatz grösserer Fluggeräte. Die Flugbewegungen hingegen blieben stabil. Beim Wachstum im reinen Flugverkehr stösst der für die Schweizer Wirtschaft und den Tourismus mit Abstand wichtigste Flughafen des Landes an seine Grenzen. Um seine Luftfahrt-Kompetenz nicht zu verlieren, exportiert er sein Know-how ins Ausland, so etwa mit Beteiligungen an den Flughäfen in Belo Horizonte, Bangalore, Kasachstan oder Casablanca. Im eigenen Haus konzentriert man sich derweilen auf das Non-Aviation-Geschäft, das weiteres Wachstum und gutes Geld verspricht.

Ein Flughafen sollte in erster Linie dem Flugverkehr dienen. Genau hier liegen aber die grössten Herausforderungen von Zürich. Das durch das Pistensystem komplizierte An- und Abflugregime, die einseitige Deutsche Verordnung, die politischen Rahmenbedingungen und die unterschiedlichen Interessen von Bund, Kanton, Gemeinden, Umweltverbänden und Interessengemeinschaften behindern und verzögern eine sichere, langfristige Planung für ein gesundes Wachstum. Alle wollen bei der Entwicklung des Flughafens ein gewichtiges Wort mitreden. 

Der Anteil der Transferpassagiere sank in den letzten Jahren kontinuierlich. Betrug er im letzten Jahr noch 28,5% – so wenig wie seit zehn Jahren nicht mehr –, sank er in den ersten beiden Monaten 2016 nochmals auf 28,2%. Transferpassagiere generieren zwar weniger Einnahmen als Lokalpassagiere, doch sie sind unverzichtbar für die Hub-Funktion des Flughafens. Ohne sie könnte Swiss ihr Langstrecken-Angebot nicht aufrechterhalten. Demgegenüber steht die Initiative ZRH_2020 der Fluglärmgegner, die den Anteil der Transferpassagiere auf 20% reduzieren will.

All diese Zeichen bleiben auch der Swiss-Mutter Lufthansa nicht verborgen. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung und die Wachstumschancen des Flughafens könnten dazu führen, dass die Lufthansa-Gruppe ihr Langstreckennetz prioritär an den Hubs Frankfurt und München ausbaut. Ohne weitere Langstreckenoptionen der Swiss dürfte die Hub-Funktion von Zürich über kurz oder lang gefährdet sein. Dem Flughafen selber sind die Hände gebunden. Er ist für einen reibungslosen Betrieb zuständig und kann höchstens Lobbying betreiben. Die Entscheidungen über seine Zukunft werden andernorts gefällt. Unter anderem auch bei der Lufthansa-Gruppe, dem mit Abstand grössten Kunden.

Urs Hirt