EU liberalisiert GDS-Kodex (Ausgabe 2008-37)

Intensiverer Wettbewerb wird angestrebt. GDS-Displays bringen Zusatznutzen für Reisebüros.

Als Ersatz des GDS-Verhaltenskodex von 1989 hat das Europäische
Parlament eine neue GDS-Verordnung verabschiedet. Das Hauptziel der
Verordnung besteht darin, Airlines und GDS zu ermöglichen, frei über
die Vertriebsbedingungen zu verhandeln. Die Systeme sollten bezogen auf
Preis und Qualität der Dienste im Wettbewerb stehen.

Zudem müssen die GDS in Zukunft zusätzliche Informationen zeigen und
bringen damit den Reisebüros einen Zusatznutzen. Bei der Buchung von
Flügen wird es in den Displays der GDS Angaben zu den CO2-Emissionen
und zum Treibstoffverbrauch geben. Bei kurzen Flugzeiten müssen
obligatorisch nebst den Flugverbindungen auch Bahnangebote präsentiert
werden. Preise in den GDS müssen laut der neuen EU-Verordnung alle
Tarife und Steuern umfassen, was die Arbeit der Reisebüros ebenfalls
vereinfachen soll.

Die Verordnung sieht vor, dass die Reservierungssysteme «neutrale»
Informationen für die Verbraucher bereitstellen und auf ihrer
Startseite über die günstigsten und schnellsten Verbindungen
informieren. «Den Nutzern eines GDS ist eine neutrale Anfangsanzeige zu
bieten und sicherzustellen, dass Informationen zu allen beteiligten
Verkehrsunternehmen in gleicher Weise zugänglich sind, damit nicht ein
beteiligtes Unternehmen gegenüber anderen bevorzugt wird», so die
Verordnung im Wortlaut.

Die neue Verordnung richtet sich auch an die Besitzer der GDS – im Fall
von Amadeus immer noch Airlines. «Die Weigerung von Mutterunternehmen,
anderen Systemen die gleichen
Informationen über Flug- und Fahrpläne, Tarife und das
Kapazitätsangebot zur Verfügung zu stellen wie ihren eigenen und die
über diese Systeme vorgenommenen Buchungen zu akzeptieren, kann den
Wettbewerb zwischen Computerreservierungssystemen erheblich verzerren.
Um auf dem Markt transparente und vergleichbare Wettbewerbsbedingungen
zu gewährleisten, unterliegen Mutterunternehmen daher besonderen
Regelungen. Die Möglichkeit des privilegierten Zugriffs eines
Mutterunternehmens auf das GDS soll vermieden werden», so die EU in
ihrer Meldung, die einigen Interpretationsspielraum zulässt.

Der Berichterstatter des Europäischen Parlaments, der britische
Abgeordnete Timothy Kirkhope, ist der Auffassung, dass das Ziel,
Luftfahrtunternehmen und GDS zu gestatten, Inhalt und Tarife
auszuhandeln, «ein gutes Ziel» ist. Derzeit führe der fehlende
Wettbewerb zu höheren GDS-Buchungsgebühren. Nach der Änderung müssten
die GDS, ausgehend von niedrigeren Buchungsgebühren und einer besseren
Qualität der Dienste, untereinander aggressiver um die Beteiligung von
Luftfahrtunternehmen konkurrieren.

Ein weiteres heisses Eisen sind die Kunden- und Passagierdaten der GDS
– die sogenannten MIDT-Daten. Dazu heisst es: «Teilnehmende
Verkehrsunternehmen dürfen die Daten nicht dazu benutzen, die Wahl des
Nutzers in unzulässiger Art zu beeinflussen. Diese Daten dürfen keine
direkten oder indirekten Angaben zur Identität des Nutzers enthalten.»
496 Abgeordnete stimmten für die Verordnung, 103 dagegen, 23 enthielten sich.

Chris Probst