Google baut seine Reise-Aktivitäten aus (Ausgabe 2016-14)

Wie ein Metasearcher – aber besser?

Es ist das klassische Vorgehen von Google: Sie beginnen, sich in einer einzelnen Sparte Kompetenz und Content anzueignen, und bringen ein bestenfalls halbfertiges Tool auf den Markt, das sie stetig weiterentwickeln. Sobald es ausgereift ist, wird es mit anderen Produkten kombiniert und findet Eingang in dieses «Google-Universum», in dem die ganze Welt miteinander verknüpft ist. 

So geschieht es nun mit dem Thema Reisen. Man erinnert sich: Die ersten Gehversuche der Flugsuche waren ziemlich armselig, und erst mit den Jahren wurde es zu einem weltweit recht verlässlichen Tool. Nun kombiniert man es mit der Hotelsuche, die einen ähnlichen Weg ging, und mit den zahllosen Destinations-Beschreibungen, die Google sowieso hat – und schon hat man ein umfassendes Reiseplanungs-Instrument gebaut. Es ist noch lange nicht komplett: Um Dinge wie Kinderpreise o.Ä. kümmert sich das Tool beispielsweise noch nicht. Auch das ist typisch für Google: Zuerst werden die Standard-Produkte integriert, um die Sache ins Rollen zu bringen, dann folgen die Details. 
Wer profitiert, wer verliert? Die Reiseveranstalter könnten durchaus zu den Profiteuren gehören, wenn sie denn mitspielen und die Zusammenarbeit mit Google vorantreiben. Schlussendlich ist die Reisesuche von Google im jetzigen Zustand nichts anderes als ein Metasearcher und damit ein Online-Vertriebskanal. In diesen werden die TOs künftig sogar ihre Pauschalreisen stellen können.
 Weniger Freude an Googles Aktivitäten dürften besagte Metasearcher haben, zusammen mit den Online Travel Agencies. Im reinen Online-Vermittlungs-geschäft ist entscheidend, wer den besseren Content, die bessere Darstellung, die bessere Nutzerführung hat. Bei allen drei Punkten muss sich Google vor niemandem verstecken. Zwar wiederholt das Unternehmen gebetsmühlenartig, dass es kein Online-Reisebüro werden wolle – spätestens mit seiner Direktbuchungsfunktion wird es die OTAs trotzdem torpedieren. 
Für die stationären Reisebüros wird Google zu einem weiteren Online-Konkurrenten, wie es sie bereits zuhauf gibt. Die bekannten Vorteile einer Reiseberatung «aus Fleisch und Blut» verlieren sie dabei nicht. Einige Beratungsfunktionen bei Google müssen aber trotzdem zu denken geben: Ein übersichtlicher Preisvergleich mit
flexiblen Daten oder eine offene Suche nach Begriffen wie «Österreich Skifahren» oder «Indonesien Tauchen» gehörten bislang klar in die Kernkompetenz der Reisebüros. 
Stefan Jäggi