Gratis umbuchen: PR-Aktion mit Fragezeichen (Ausgabe 2016-15)

Wem hilft das offene Hintertürchen?

Kann man jemandem, der Angst hat, nach Ägypten zu reisen, durch eine Rücktrittsgarantie Strandferien in Sharm el-Sheikh schmackhaft machen? Sicher nicht! Auch besorgte Familien werden sich durch ein Sorglos-Paket nicht eher dafür entscheiden, ihre Kinder im Sand von Tunesien spielen zu lassen. Aber darum geht es bei den Umbuchungs-Optionen, die einige TOs seit Jahresbeginn anbieten, auch nicht. Vielmehr sollen bzw. sollten «Wackelkandidaten» und zaudernde Stammkunden dazu gebracht werden, sich doch schon zeitig für eine Destination zu entscheiden. Denn der Frühbuchermarkt läuft bzw. lief in diesem Jahr nicht berauschend. 

Natürlich steckt im «Hintertürchen-Konzept» noch ein anderes Ansinnen. Wer einmal gebucht hat, ist nicht nur als Kunde gewonnen, sondern bleibt grossteils auch bei seiner Entscheidung. Denn trotz Kostenfreiheit ist ein Umbuchungsprozess eher mühsam und trübt die Ferienvorfreude. Und: Wer zum Super-Sonder-Frühbucher-Schnäppchenpreis die Südtürkei gebucht hat, wird 30 Tage vor Abreise wohl kaum eine Alternative finden, die auf der Kurz- und Mittelstrecke das derzeitige Preis-Leistungs-Verhältnis von Ägypten oder der Südtürkei bieten kann. Geschweige denn, dass es weiter westlich zur Hochsaison noch freie Kapazitäten an attraktiven Zimmern gibt. 

Dass z.B. TUI Suisse das kostenfreie Umbuchen nicht verlängert hat, hat sicherlich nur bedingt mit der Angst vor dem grossen Umbucher-Ansturm zu tun. Eher lässt sich aus einigen Reaktionen ablesen, dass die PR-Aktion nahezu im Nichts verpufft ist. Kein Wunder: So richtig offensiv wollten die meisten dann ja doch nicht damit werben. Einige befragte Reisebüros wussten denn auch gar nichts von den Angeboten, die sie als Verkaufskatalysator hätten nutzen sollen. Auch die Argumentation wurde teils als etwas befremdlich wahrgenommen: «Jetzt buchen Sie das mal, Sie können es sich ja dann immer noch anders überlegen»? Gewissenhafte Reiseberater verlassen sich auf die offiziellen Sicherheits-Meldungen und empfehlen ihren Kunden das, was sie vertreten können. Zudem kann auch zwei Wochen vor Abreise noch die Katastrophe eintreten, und dann sieht ohnehin alles wieder anders aus.  

Der von den Retailern befürchtete Ansturm an Mehrarbeit bringenden Gratis-Umbuchern ist bislang ausgeblieben. Ob sie Türkei und Ägypten allerdings wieder besser verkaufen können, hängt davon ab, ob die Kunden wieder Vertrauen in die Länder gefasst haben. Der Einfluss der Gratis-Umbuchen-Aktionen ist dabei wahrscheinlich höchstens marginal.

Stephanie Günzler