Haben GIT-Tarife ausgedient? (Ausgabe 2010-21)

Swiss dürfte das GIT-Modell in der heutigen Form mittelfristig infrage stellen.

Verschwindet der GIT – in der Branche auch als TO-Fare bekannt – von
der Tariffläche oder nicht? Dieses Thema beschäftigt sowohl die Tour
Operators als auch die Airlines, allen voran den Home Carrier Swiss,
denn beide Seiten scheinen mit der heutigen Situation nicht glücklich
zu sein.

Was vielen VeranstalterN, aber auch Wiederverkäufern unter den Nägeln
brennt, erklärt Nick Gerber, Product Manager und Flugspezialist bei
Globetrotter Travel Service, auf Anfrage von TI so: «Der GIT wurde
kreiert, um den Tour Operators einen besseren Einkaufspreis zu bieten.
Damit konnten wir attraktive Packages für die Ausschreibung im Katalog
schnüren, denn der GIT darf nur im Zusammenhang mit einer Landleistung
verkauft werden. Daran halten wir uns auch, denn es ist ein nicht
publizierter Tarif. Die Preise sind für ein halbes, manchmal sogar für
ein ganzes Jahr gültig, was bei der heutigen Dynamik in der
Preisgestaltung der Airlines ein Nachteil ist. Er bietet zwar eine
gewisse Flexibilität, hat aber in der Form, wie er mal angedacht wurde,
keine Existenzberechtigung mehr. Der GIT müsste von der Idee her
eigentlich der günstigste Tarif sein, nur schon, weil wir bei einem
Package wegen der aufwendigen Produktion, der Ausschreibung – die
Werbung für die Airline ist – und wegen der Kommissionierung eine
andere Marge einkalkulieren müssen. In Zeiten, wo die Flugtarife stark
unter Druck stehen, verliert der GIT an Gewicht. Er ist aber
grundsätzlich ein gutes Mittel, flexibel attraktive Angebote als
Gegengewicht zum Internet  zu kreieren. Insofern hat der GIT für
TOs und Retailer als Verkäufer an der Basis durchaus noch immer seine
Berechtigung.»

Dass der GIT zum brisanten Thema geworden ist, weiss auch Alain
Chisari, Head Leisure Sales Schweiz bei Swiss. Er holt etwas aus und
erklärt: «Bei einem GIT ist der Preis auf dem Ticket nicht sichtbar.
Das Preisfeld ist mit dem Vermerkt IT versehen, da dieser Tarif nur in
Zusammenhang mit Landleistung, Cruise, Rundreise oder Mietwagen
angewendet werden darf. Wichtig ist, dass der GIT und z.B. die
Landleistung beim gleichen TO bezogen werden müssen. Wir stellen
GIT-Tarife nur ausgewiesenen Tour Operators zur Verfügung, die auf
Swiss einen Mindestumsatz garantieren, Swiss in einem Katalog
publizieren oder eine saubere Swiss-Angebotspalette im Internet
aufschalten, IATA sind und eine Kundengeldabsicherung haben.»
Durch die dynamischen Veränderungen im Pricing, nicht zuletzt durch
Internet und Online Booking Engines, habe der klassische GIT aus Sicht
der Swiss an Bedeutung verloren. Im Interkontinental-Verkehr orientiere
sich der nicht publizierte GIT-Tarif heute anhand der publizierten
Struktur ohne Aktionstarife. Der GIT-Tarif werde jedoch mit einer
flexibleren Konditionierung angeboten, wie z.B. längeren
Ticketing-Fristen oder Annullationsbedingungen.

Swiss beobachtet, so Chisari weiter, dass dieser Vorteil in vielen
Fällen nicht mehr massgebend ist. «Speziell im Europaverkehr ist die
Tendenz, GIT zu buchen, stark ruckläufig, weil da die Packages
mittlerweile häufig dynamisch zusammengestellt werden. Auf der
Langstrecke funktioniert der GIT noch, dies dank eher hochpreisigen und
individuell gestalteten Reiseprogrammen. Der Anteil an GIT-Tarifen
macht bei der Swiss noch rund einen Zehntel aus. Tendenz sinkend, da
die tagesaktuellen Preise an Bedeutung zulegen werden. Speziell im
dynamischen Europa-Pricing ist mittelfristig ein statisches GIT-Modell
infrage zu stellen.»

Urs Hirt

Kombinierbarkeit in Planung
Laut Alain Chisari ist geplant, innerhalb der Lufthansa-Familie
per 1. November die Kombinierbarkeit der GIT-Tarife von Lufthansa,
Swiss und Austrian auf dem Schweizer Markt einzuführen. Chisari: «Es
geht dabei um GIT-Tarife auf der Langstrecke, wie das im Europa-Pricing
seit Längerem schon der Fall ist. Diese GIT sind voll kombinierbar und
würden eine umfassende Flexibilität gewährleisten.»   

UH