Holidayjet-Ende gibt Anlass zur Spekulation (Ausgabe 2015-37)

Des einen Leid, des anderen Freud

Es sollte der Coup des Jahres in der Schweizer Ferienfliegerei werden: ein Schweizer (oder zumindest angeschweizertes) Konkurrenzprodukt zu Edelweiss Air, mit dem Hotelplan Suisse in Sachen Produkt- und vor allem Preisgestaltung hätte unabhängig agieren können. Nun wird das Projekt Holidayjet bereits nach einer Sommersaison wieder zu Grabe getragen. Die Branche steht vor einem Rätsel. Durfte Hotelplan doch zu wenig mitreden bei der Germania Flug AG? Hat man sich finanziell verkalkuliert? War das Konzept Vollcharter im Winter gar zum Scheitern verurteilt? 

Die Beteiligten hüllen sich in Schweigen. Fest steht: Da hat jemand sehr kurzfristig die Notbremse gezogen. Sogar im soeben veröffentlichten Migros-Ferien-Flyer «Herbst- und Winterangebote 2015/2016» wird für Abflüge zwischen November und Januar noch der Holidayjet angepriesen. Offensichtlich ist: Mit dem Holidayjet hat Hotelplan bereits im Sommer einen heftigen Preiskampf ausgelöst. Von «deutschen Verhältnissen und schlimmer» sprechen Ferienflug-Insider. Auf verschiedenen Strecken wurden im Wettbewerb um Kunden bewusst Überkapazitäten geschaffen, etwa nach Dalaman in der Südtürkei, wo Edelweiss zunächst montags, Holidayjet samstags und schliesslich Edelweiss zusätzlich ebenfalls samstags Flüge anbot. Wer sollte so viele Plätze verkaufen? Früheren Aussagen von Hotelplan Suisse zufolge war man bereit, für das Ziel des «Monopolbruchs» vorübergehende Durststrecken durchzustehen. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass man dies finanziell nicht über längere Zeit durchhalten konnte oder wollte. Oder hat vielleicht die Hotelplan-Mutter Migros ein Machtwort gesprochen?

Die Marke «Holidayjet», die Hotelplan Suisse gehört, hat (auch für die Zukunft) einen Kratzer abbekommen. Um mit ihrem Produkt überzeugen und sich Stammkundschaft schaffen zu können, hätten Hotelplan und die Germania Flug sicher wesentlich mehr Zeit gebraucht. Für Letztere brechen nun harte Zeiten an. Ob Germania Flug eine Chance auf Entschädigung hat, wird ein Gericht entscheiden. Den Flieger in Holidayjet-Bemalung will sie jedenfalls weiterhin einsetzen, muss ihn nun aber selber füllen. Gleichzeitig wird das Standbein Ethnic-Travel mit Hochdruck weiter ausgebaut. 

So tragisch die Geschichte sich anhört, so erleichtert geben sich Mitbewerber (sowohl aus dem TO- als auch aus dem Ferienfliegerbereich). Man sei gar froh, den Konkurrenten so schnell wieder losgeworden zu sein. Für das Schweizer Projekt Holidayjet und auch die, die es optimistisch verkauft haben, ist es schade. Erneut ein Imageknick für die Schweizer Reisebranche.