Hüst und Hott um grosse Cruiseliner in Venedig (Ausgabe 2015-04)

Der wichtigste Ausgangshafen für Schweizer Kreuzfahrer ringt um seine Zukunft.

Die Logenplatz-Ein- und -Ausfahrt durch den Canale della Giudecca, hautnah vorbei am Markusplatz und Dogenpalast, ist ein absolutes Highlight jeder Kreuzfahrt ab Venedig. Die Kehrseite der Medaille: Die wachsende Zahl der Cruiseliner mit inzwischen rund 1700 Ein- und Ausfahrten jährlich mitten durch die Stadt beschert Venedig mehr Umweltbelastungen; die Emissionen verursachen Schäden an den historischen Fassaden. 

Der Wellengang und die Vibrationen der Motoren beschädigen die Fundamente der Gebäude und beschleunigen das Absinken des Bodens, auf dem die Stadt ruht. Im November 2013 hat deshalb die italienische Regierung per Dekret beschlossen, dass ab 1. Januar 2015 grosse Kreuzfahrtschiffe ab 96000 BRZ diese Route nicht mehr befahren dürfen (sowie Einschränkungen für kleinere Liner). 

So weit, so gut: Die Reedereien haben ihre Planung für 2015 und die nächsten Jahre entsprechend angepasst und setzten nicht mehr ihre grössten Mega-liner ab Venedig ein. Costa pusht inzwischen gar alternativ Triest als zusätzlichen Ausgangshafen aus dieser Region. Und in Venedig wird über Alternativen gebrütet, wie das lukrative Cruise-Geschäft in Zukunft abgewickelt werden soll. 

Zur Diskussion steht etwa die Aushebung eines neuen Zufahrtkanals zur Stazione Marittima oder gar die Nut-zung der Hafeninfrastrukturen von Marghera, wie dies die Fährreederei Anek bereits tut. Ein anderes Projekt portiert den Bau eines neuen Cruise-Terminals ausserhalb der Lagune auf Höhe des Lidos mit speziellem City-Transfer für die Passagiere.

Doch nun herrscht plötzlich Verwirrung: Wie italienische Medien melden, hat das Verwaltungsgericht der Region Venetien das Verbot für grosse Kreuzfahrtschiffe wieder aufgehoben. In Rom sorgt der Entscheid im zuständigen Ministerium für «Entsetzen»: Man will umgehend Berufung einlegen, um so Venedig gegen die Bedrohung durch die Megaliner-Invasion zu verteidigen. Beobachter vermuten, dass mit dem neusten Gerichtsurteil nicht zuletzt Druck aufgebaut werden soll, damit in Venedig endlich mit konkreten Lösungen für die aktuelle Situation vorwärtsgemacht wird. 

BE