Juristen prüfen Rechtslage (Ausgabe 2006-48)

Die Reisebranche nimmt den Aufruf zum Nichtbezahlen von Beratungsgebühren (BG) nicht auf die leichte Schulter.

Nachdem eine Konsumentenschützer-Zeitschrift vergangene Woche ihre Leser aufgefordert hatte, den Reisebüros künftig keine Beratungsgebühr mehr zu bezahlen, hat der Schweizerische Reisebüro-Verband (SRV) gemäss Geschäftsführer Walter Kunz zusammen mit dem Reiserecht-Spezialisten Rolf Metz eine erste Prüfung der rechtlichen Situation vorgenommen.

Diese Lagebeurteilung führte zum Schluss, dass es fundierterer juristischer Abklärungen bedürfe. «Wir lassen die rechtliche Seite aus verschiedenen Blickwinkeln und auf verschiedenen Ebenen prüfen», erklärt Kunz. Er geht davon aus, dass Ende nächster Woche mit ersten Resultaten zu rechnen sei. In der Folge werde der SRV das weitere Vorgehen diskutieren und allenfalls seine Mitglieder informieren.

«Saldo» hatte geschrieben, dass Kommissionen von Gesetzes wegen dem Kunden gehören – es sei denn, der Kunde verzichte im Wissen um die Höhe dieser Zahlungen ausdrücklich darauf. In der Konsumentenschützer-Zeitschrift wird Ivo Schwander, Professor für Privatrecht an der Universität St. Gallen, folgendermassen zitiert: «Der Reisebürokunde bezahlt die Beratungsgebühr nur, wenn er nichts kauft. Bucht er aber nach der Beratung eine Reise, wird ihm jede Gebühr erlassen.»

Das Thema wurde aktuell, weil das Bundesgericht im März 2006 ein Urteil in Sachen Geschäftsführung durch einen unabhängigen Vermögensverwalter gefällt hatte. Die strittigen Fragen drehen sich um Artikel 400 Absatz 1 des Schweizerischen Obligationenrechts: «Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und alles, was ihm infolge derselben aus irgendeinem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.» Nach dem Erscheinen des erwähnten Zeitungsbeitrags stellt man sich in der Reisebranche die Frage, ob das Urteil aus dem Bereich Vermögensverwaltung auch auf die Reisebüros angewendet werden könnte.

Beispielsweise Kuoni hat rasch reagiert: «Wir haben vom Urteil, das in Bezug auf unabhängige Vermögensverwalter gefällt wurde, Kenntnis genommen», erklärt Mediensprecher Peter Brun. Zurzeit werde vertieft geprüft, inwiefern dieses Urteil überhaupt auf die Reisebranche übertragen werden könne. Denn, so Brun: «Es gibt hier wesentliche Unterschiede zur Vermögensberatungsbranche.»   

Hans-Rudolf Baumann

Grosse Veranstalter und ihre Gebühren

TI hat sich bei den drei grössten Schweizer Veranstaltern nach deren Umgang mit Gebühren erkundigt. Hotelplan-Mediensprecher Hans-Peter Nehmer weist darauf hin, dass in allen Filialen der Hotelplan Swiss Group den Vorgaben der Weko entsprochen werde und die Listen der Bearbeitungsgebühren aufgelegt sind. Die Filialen seien gehalten, diese Gebühren zu befolgen. Dazu gehöre, dass nach einer gewissen Beratungszeit Beratungsgebühren erhoben werden, wenn kein Verkauf zu Stande komme. Auch in den Reisebüros von Kuoni/Helvetic können die Kunden die Dienstleistungstarife einsehen. «Die Reisebüros verrechnen die Tarife gemäss dieser Auflistung», erklärt Mediensprecher Peter Brun. Gebühren werden nach dem publizierten Dienstleistungstarif erhoben. Bei TUI Suisse werden laut Vertriebschef Rainer Schenkel die in den Reisebüros aufliegenden Gebühren konsequent angewendet. Er präzisiert, dass TUI die Gebühren an bestimmte Geschäftsfälle binde. Wenn TUI-Reisebüros aufwändige Offerten erstellen, können sie von den Kunden eine Aufwandsentschädigung von CHF 60 erheben, die bei einer daraus folgenden Buchung an den Verkaufspreis angerechnet werde. Bearbeitungsgebühren werden bei TUI für alle in den Firmenweisungen aufgeführten Serviceleistungen erhoben. Brun präzisiert zudem, dass es sich bei diesen «Gebühren» eher um Servicepauschalen (also Bearbeitungsgebühren) als um Beratungsgebühren handle. «Lediglich bei Offerten sowie Auskünften und Tarifabfragen, die eher einer Beratung gleichkommen, könnte man von Beratungsgebühren sprechen. Solche werden jedoch bei Buchung angerechnet.» Auch Schenkel redet lieber von Serviceleistungen, «da man manchmal vergisst, dass das Reisebüro ja einen Mehrwert generiert».    

HRB