Länderorganisationen werden gesprengt (Ausgabe 2007-27)

Jean-Claude Raemy zur Reorganisation von Kuoni und TUI

Fast zeitgleich haben sich Kuoni sowie die aus der Fusion von TUI und First Choice hervorgegangene TUI Travel eine Spartenorganisation verpasst. In beiden Fällen gibt es vier neue Divisionen, und trotz Abweichungen im Detail ist die Marschrichtung gleich: Eine Trennung zwischen Massengeschäft und Premium- oder Spezialistengeschäft.

Spartenorganisationen sind scheinbar der neue Trend bei grossen Tourismuskonzernen. Es gibt dabei neue «Profit Center», die nicht mehr nach regionalen Kriterien organisiert sind, sondern nach ihrer geschäftlichen Ausrichtung. Das macht angesichts der Heterogenität des Angebots und der geographischen Zersplitterung der (Tochter-) Unternehmen Sinn. Im Top-Management werden die Kommunikationswege verkürzt, Entscheidungen können schnell getroffen werden. Allerdings erfolgt daraus auch eine Zentralisierung: Wenige Divisionsleiter erhalten hohe Befugnisse und tragen viel Verantwortung. Bei Kuoni haben die Divisionsleiter riesige «Läden» unter sich; einzelne Chefs von Geschäftseinheiten, die sich ein hohes Mass an Unabhängigkeit gewohnt waren, müssen sich unterordnen. Sue Biggs von Kuoni UK hat bereits Konsequenzen gezogen und das Unternehmen verlassen, Roberto Luna scheint sich seinem Schicksal zu fügen.

Von den Angestellten bei Kuoni Schweiz wird in den nächsten 12 Monaten viel Flexibilität abverlangt: Keiner weiss so richtig, wie sein Aufgabenbereich künftig aussehen wird; durch die Auftrennung bestehender, eingespielter Strukturen könnten unerwartete Koordinationsprobleme entstehen. Marianne Häuptli, Leiterin Tour Operating, wird wie Luna ihren Verantwortungsbereich splitten müssen. Vor allem im Massengeschäft («Smart»), bei Kuoni in jüngster Zeit die Problemzone, wird ein neuer Bedarf an qualifizierten Führungskräften geschaffen – diese sind in der Schweiz Mangelware.

Ähnlich in der Schwebe sind derzeit die Angestellten von TUI Suisse. Auch dort stehen Wechsel an: Zwar hat das jüngst vorgetragene neue Geschäftsmodell von TUI Travel auf TUI Suisse (noch) keine Auswirkung. Laut Sprecher Roland Schmid seien die Länderorganisationen noch nicht «in einer Reorganisations-Übung involviert». Auch da könnten sich in den nächsten Monaten einschneidende Änderungen ergeben.

Ein Motivationsschub ist es wohl nicht, wenn die Mitarbeiter im Einkauf, Vertrieb oder den rückwärtigen Diensten nicht wissen, für welchen Chef sie morgen arbeiten.