Liebe Broker, wohin entwickeln sich die Airline-Kommissionen? (Ausgabe 2016-11)

Der Flugvertrieb ist im Umbruch – auch bei den Flugbrokern. Wie das Modell funktioniert und was es überhaupt bringt.

Wie entstehen die Kommissionen?

Die Verhandlungen zwischen Broker und Airlines laufen meist auf nationaler Ebene ab, auch bei global tätigen Konzernen. Die Verträge würden marktspezifisch abgeschlossen, bestätigt Marc Zinniker, Head of Flight Procurement bei Kuoni Schweiz. «Wir sind aber bestrebt, aus unserer Zugehörigkeit zu DER Touristik auch hier mehr herauszuholen.»

Die Broker erhalten von den Airlines entweder eine umsatzabhängige Auszahlung am Ende des Jahres («Back-end»), eine Regalgebühr («Channel Fee») oder Netto-Einkaufstarife, wobei letztere Möglichkeit immer seltener wird. Vor allem die Golf-Carriers arbeiten heute noch mit den – bei den Brokern natürlich sehr beliebten – Nettopreisen.

Die Broker schütten dann einen bestimmten Anteil davon als Kommission an die Agenten aus. «Den grössten Teil geben wir weiter», erklärt Zinniker, «aber wir gehen kein Risiko ein und kommissionieren nur dort, wo wir wissen, dass wir von der Airline auch etwas erhalten.» Dies läuft bei TUI Suisse anders. «Bei vielen der von uns verkauften Tickets können wir erst gegen Ende des Jahres abschätzen, ob wir das erforderliche Volumen der Airline erreichen», sagt Andreas Cossalter, Senior Manager Flight Center.

Was bringt das Modell den Retailern?

«Der Agent hat keine Verpflichtungen gegenüber der IATA, muss dort keine ‹Financial Criteria› erfüllen und keine BSP-Abrechnung machen, sich nicht mit Strafgebühren via ADM herumschlagen und er bekommt Zugriff auf alle Tarife, also auch die Veranstaltertarife», fasst Zinniker von Kuoni stellvertretend für alle Broker zusammen.

Wie entwickeln sich die Prozente?

«Tendenziell bewegen sich die Kommissionen nach unten, mit einzelnen Ausreissern», sagt Marcel Herter, Director Broker Services & Purchasing bei Hotelplan Suisse. Im Moment aber könne man mit stabilen Kommissionen rechnen; «aufgrund der wachsenden Überkapazitäten sind viele Airlines auf die Unterstützung der Reisebranche angewiesen, das spielt den Brokerkommissionen in die Hände.»

Auch bei TUI Suisse sieht man es differenziert: «Auf der Kurzstrecke fallen immer mehr Gebühren an, aber auf der Langstrecke sind die Kommissionen eher steigend. Unser diesjähriges Modell ist das attraktivste der letzten fünf Jahre», sagt Cossalter.

Zinniker von Kuoni schlüsselt die Frage nach Airlines auf: «Die arabischen Carriers sind stabil, die Lufthansa-Gruppe befindet sich im Abwärtstrend, und die IAG sowie AF/KLM sind wieder mehr bemüht als auch schon.»

Welchen Einfluss haben die Kommissionen?

Die Broker sind überzeugt, dass die Airlines die Auswirkungen ihrer Kommissionspolitik genau spüren. «Dass Emirates immer sehr agentenfreundlich war und ist, hat sicherlich zu ihrem Wachstum in der Schweiz beigetragen», sagt Herter von Hotelplan Suisse, «bei TAM hatte die Änderung der Politik nach der Fusion mit LAN einen gegenteiligen Effekt. Mit der Rückstufung der Kommissionen liess auch der Support der Branche spürbar nach.»

Als interessantes Beispiel nennt er auch Air France: «Sie hatte vor allem in der Deutschschweiz stets einen schwierigen Stand in der Branche, präsentiert sich nun aber viel marktnäher, mit Brokerkommissionen und neuen Mitarbeitern mit TO-Vergangenheit. Sie macht das sehr geschickt.»

Cossalter von TUI Suisse relativiert den Einfluss der Kommissionen aber etwas: «Das primäre Steuerungstool ist und bleibt der Preis. Es geht ja oft um verhältnismässig kleine Beträge: Wenn ein Langstreckenticket CHF 500 kostet und CHF 450 davon nichtkommissionierte Taxen sind, sprechen wir hier von wenigen Franken. Höchstens bei Agenten mit hohem Yield macht es wirklich viel aus.»

Wohin geht die Reise?

«Im Flugvertrieb wird das grosse Thema der Zukunft sein: Welcher Content wird über welche Kanäle angeboten, und wie kommt das Reisebüro an diesen Content?», erklärt Herter von Hotelplan Suisse. Er spielt damit natürlich auf die Direct-Connect-Bestrebungen der Airlines an (siehe Seite 1). 

Auch bei TUI Suisse sieht man, dass die Loslösung von den GDS ein grosses Thema ist. Der Veranstalter will da mit seiner Buchungsmaschine Aircruiser vorsorgen. Dort ist Direct Connect technisch möglich, sei es für Charter, Low-Coster oder eben auch traditionelle Fluggesellschaften. Um ihr Buchungstool bekanntzumachen, erlässt TUI Suisse den Agenten alle Ticketinggebühren und gibt für einige Airlines sogar 1% Zusatzkommission. In Zukunft wird man damit auch Umbuchungen direkt tätigen können. 

Stefan Jäggi