Markus Leutners schneller Abgang bei Thomas Cook (Ausgabe 2016-11)

Ausgebremst oder die Notbremse gezogen?

Markus Leutner hatte viel vor in der Schweiz: das Thomas-Cook-Reisebüro in Pfäffikon modernisieren, die -Eröffnung weiterer eigener Reisebüros prüfen, die deutschen Produkte für den hiesigen Vertriebsmarkt «schweiztauglicher» und Cets-kompatibler machen, das Beschwerdemanagement verbessern, die Zusammenarbeit mit den Schweizer Airlines und den grossen Reisebüros intensivieren. Im TI-Interview, das noch im Januar stattgefunden hatte, war der neue Thomas-Cook-Vertriebschef Schweiz in Sachen Euphorie und Motivation kaum zu bremsen. 

Nun ist nach weniger als einem halben Jahr schon -wieder Schluss für Leutner. Und zwar nicht nur in der Schweiz, sondern – nach fast zwanzig Jahren – auch bei Thomas Cook. In Pfäffikon ist er bereits nicht mehr anzutreffen. Dass dies in der Branche viele Fragezeichen hinterlässt, liegt nahe. Können die angegebenen «familiären Gründe» wirklich der einzige Hintergrund dafür sein, dass Leutner das Unternehmen von heute auf morgen verlässt? Im Interview hatte der 47-jährige Deutsche noch angekündigt, mit der Familie bald in die Schweiz zügeln zu wollen. Zudem hatte Leutner unermüdlich Schweizer Reisebüros besucht, um sein Gesicht und damit das von Thomas Cook hierzulande bekannter zu machen. 

War Leutner zu proaktiv? Wollte er zu viel, wo doch sein oberster Chef Peter Fankhauser noch am Swiss Travel Day 2015 alle grösseren Ambitionen seitens Thomas Cook in der Schweiz in Abrede gestellt hatte? Wurde Leutner zurückgepfiffen? Oder hat er selbst die Notbremse gezogen, weil er die Unternehmensziele mit den beschränkten Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, gar nicht hätte erreichen können? Mit einem zweistelligen Umsatzplus, das Vorgängerin Marta Di Girolamo 2015 für Thomas Cook in der Schweiz erreicht hatte, lag die Messlatte für 2016 recht hoch.  

Derzeit kann man nur spekulieren. Sicher ist, dass durch Leutners Weggang die Vorwärtsbewegung des Schweiz-Vertriebs von Thomas Cook erst einmal an Fahrt verliert. Interims-Nachfolger Beat Blaser hat in Pfäffikon mit dem gerade erst neu ausgebauten Produktionsteam Auto- und Städtereisen für den kontinentaleuropäischen Markt sicher schon genug zu tun, während die Konkurrenz mehr denn je die Messer wetzt, um sich ihren Teil vom süssen Schweiz-Kuchen abzuschneiden. Gut möglich, dass Fankhausers Worte durch diese Zäsur nun doch wahrer werden, als ihm selber lieb ist. «Nehmt uns hier in der Schweiz nicht ernst», sagte der Schweizer damals kühl. Keine gute Ausgangslage, um wieder einen motivierten Vertriebschef zu finden.  

Stephanie Günzler