Mit grossen Schritten in die kleinen Nischen (Ausgabe 2015-35)

Die Globetrotter Group ist inzwischen ein vielschichtiges Gebilde aus Tour Operating, Retailing und mehr. Die Einkaufslust war in den vergangenen Monaten besonders ausgeprägt.

Vom Musik- bis zum Töffreisen-Veranstalter, vom Südamerika-Spezialisten bis zum Reisebüro: Mit ihren Einkäufen hat die Globetrotter Group in den vergangenen Monaten immer wieder von sich reden gemacht. Kaum war im Mai 2015 die Mehrheitsbeteiligung bei Brasa Reisen in trockenen Tüchern, folgten im Juli auch schon die Neuigkeiten vom Einstieg bei Eitzinger Bike Holiday und der Mäder Reisen AG mit dem Zusammengehen von Toeffreisen.ch und der Motodreams AG.

Mit Beliebigkeit hat das Geschäftsgebaren wenig zu tun. Hinter allem steckt eine Strategie, die ganz offensichtlich erfolgreich ist: «Seit Bestehen schreibt das Unternehmen Gewinne», betont André Lüthi, CEO der Globetrotter Group. Zuletzt vermeldete die Gruppe einen Rekordumsatz von CHF 259 Mio. und – akquisitionsbereinigt – eine Umsatzsteigerung von je 5 bis 8% in den vergangenen fünf Jahren.

«Wir wollen Nischen besetzen, mit Marken, die man kennt», sagt André Lüthi. Er investiere nur in erfolgversprechende Geschäfte und glaube an Nischen wie Sprach-, Musik- und Sportreisen oder auch an Südamerika. «Ins Charter- oder Badeferiengeschäft werden wir nie einsteigen», so Lüthi. 

An zehn AGs (siehe Grafik) hält Globetrotter die Mehrheit, meist 90%. Bei der Music Cruise AG sind es (seit 2014) 60%. Bei allen habe man die Autonomie der Firma erhalten, den Brand, die Kultur, die Positionierung. Ein wöchentliches Reporting gebe es nicht. «Das ist das Erfolgsgeheimnis», sagt Lüthi, der in allen AGs im Verwaltungsrat sitzt. 

Die zehn CEOs, denen er weitgehend freie Hand lasse, rapportieren an Lüthi. Zu diesen gehört übrigens auch Dany Gehrig, der einst als Marketingleiter zu Globetrotter Travel Service kam und dort Lüthis Posten übernahm, als dieser mit seinem Weggefährten Walter Kamm die Globetrotter Group als eigenständige Holding gründete. 

Trotz der Eigenständigkeit gibt es laut Lüthi viele Synergien im Hintergrund, etwa bei Einkauf, IT und auch im Crossmarketingbereich, u.a. an Veranstaltungen.

In den Anfangsjahren der Gruppe habe er von verschiedenen Nachfolge-Fragen in der Branche gehört, erinnert sich Lüthi. So sei es zum Beispiel zur Übernahme der Media Touristik AG inklusive all ihrer Marken gekommen. Das Bauchgefühl spiele bei seinen Entscheidungen eine Rolle. Nicht nur thematisch, auch zwischenmenschlich und kulturell müsse es passen, betont der heute 54-Jährige. 

Zirka zweimal im Jahr kämen heute aktiv Anfragen von Veranstaltern, die Globetrotter eine Beteiligung anbieten. Viel häufiger, zirka zweimal pro Monat, erreichen André Lüthi Übernahmeangebote von Retailern. Nach eingängiger Prüfung, auf die Wirtschaftlichkeit und die Stellung im Markt, erwiesen sich aber 95% davon als «No-Go».      

Die ewige Frage, ob Globetrotter Knecht Reisen überholen wolle, beantwortet Lüthi so: «Wir wollen nicht bewusst überholen, das ergibt sich einfach.» Was das reine Outgoing-Geschäft angehe, sei man vor Knecht – der in seinem Umsatz auch Eurobus-Inlandlinien führe. «Wir werden weiterhin organisch wachsen und dort investieren, wo es Sinn macht», erklärt der Gruppenchef. Gute Chancen räumt er spezialisierten TOs und auch Retailern ein, die den Mut haben, mit der Zeit zu gehen und z.B. ihre Beratungszeit verrechnen statt auf Kommissionen zu setzen. Globetrotter tut dies bereits.   

Stephanie Günzler