Neue Technologien in der Reisebranche (Ausgabe 2016-06)

Digital werden, persönlich bleiben

Bei der Planung der schönsten Tage im Jahr ist das Internet mittlerweile zum selbstverständlichen Begleiter geworden. Tipps zu Ausflügen vor Ort? Bewertungen der Unterkunft? Spezielle Restaurants, die man unbedingt ausprobieren sollte? Eine Eingabe bei Google, zwei, drei Klicks später hat man ausführliche Antworten. Auch wenn man sich als Kunde für eine zusätzliche, persön-liche Beratung und schlussendliche Buchung im Reise-büro entscheidet: Das Internet ist Teil der Reisevorbe-reitung und die fortschreitende Technologie und Digi–
talisierung werden diesen Prozess zunehmend beein–
flussen. 

Dass die drei Buchstaben www nicht nur Ursache allen Übels in der Reisebranche sind und auch als Chance genutzt werden können, sieht man an der immer grösser werdenden Nutzung der zahlreichen Online-Kanäle bei den Schweizer Reiseunternehmen. Dass durch das Bespielen dieser Kanäle eine stärkere Kundenbindung möglich ist, ist klar. Klar ist aber auch: Es nützt nichts, seinen Kunden einfach mit beliebigen Angeboten zu überschütten. Mittels der «neuen» Kontaktpunkte zum Kunden müssen Geschichten erzählt werden. Nur so gelingt es, dem Kunden auf der persönlichen Ebene zu begegnen. Am Ende des Tages zählt, wie man sich auf diesen Kanälen von anderen Anbietern differenzieren und den Kunden dadurch langfristig – auch nach Abreise und Rückkehr – an sich binden kann. Teure IT-Lösungen oder aufwändige Social-Media-Projekte sind demzufolge gar nicht nötig.

Um am Ball zu bleiben und mit dem noch relativ jungen Internet mitzuwachsen, werden Kooperationen unterschiedlicher Anbieter in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Konkretes Beispiel: die Anfang Woche bekannt gewordene Anbindung des Zusatzleistungs-Anbieters Getyour-guide an Railtour. Die Nutzung mobiler Endgeräte wächst enorm; und damit auch die Erwartung der Kunden, ständig und übergreifend auf die unterschiedlichsten Angebote zugreifen zu können. Die Grenzen von on- und offline müssen fliessender werden, das «Gärtchendenken» darf es nicht mehr geben. 

Der digitale Fortschritt ist eine Tatsache. Die Nutzung von spezieller Software, um den Kunden zu inspirieren und ihm sein Hotelzimmer oder die Strandanlage in der virtuellen Realität (Virtual Reality) zu zeigen, wird wohl bald Alltag im Reisebüro. Ebenso die erweiterte Realität (Augmented Reality), mit welcher dem Kunden visuelle Zusatzinformationen eingeblendet werden. Wer zweifelt, ob sich dies durchsetzt: Als 1999 im Netz die ersten Hotelbewertungsplattformen auftauchten, hätte wohl keiner geglaubt, dass diese die Reiseindustrie nachhaltig prägen werden.

Jessica Weber