Nicht der Preis, die Qualität entscheidet (Ausgabe 2007-27)

Guido Casanova über den Tourismus nach Italien

Italien sei in der Krise, teilte vor kurzem Italiens Tourismus- und Kulturminister Francesco Rutelli dem nationalen Hotelverband mit. Italien hat seit den 1990er-Jahren in einem schleichenden Prozess Tourist um Tourist verloren. Spaniens Markt wächst derweil in den Himmel und hat Italien den ersten Platz in Europa abgejagt, was die Präsenz ausländischer Touristen angeht. Der Marktanteil Spaniens liegt bei 23,6 Prozent, Italien erreicht 16,7 Prozent. Laut dem «World Tourism Barometer» der UNTWO liegt das Wachstum des weltweiten Tourismus bei über 6 Prozent – in Italien liegt diese Zahl unter fünf Prozent.

160 Milliarden Euro – etwa acht Prozent des italienischen Bruttoinlandprodukts – generierte der Sektor Tourismus zuletzt an Umsatz. Für den verantwortlichen Minister Francesco Rutelli zuwenig, gemessen am gewaltigen Potenzial. Kein anderes Land hat so viele Stätten in der Unesco-Liste des Weltkulturerbes. Italien kann mit Rom, Florenz und Venedig, der Amalfiküste und Capri, mit den sonnenverwöhnten Inseln Sizilien und Sardinien, mit Tausenden Küstenkilometern und den Alpen mit ihren Wintersportorten punkten. Dazu kommen noch Gastfreundschaft, Emotionen und vor allem die fantastische Küche.

Woran liegt es, dass im weltweiten Vergleich immer weniger Touristen nach Italien reisen als anders wohin? Auch von der Schweiz aus. Eine nicht repräsentative Umfrage bei Schweizer TOs zeigt, dass dieses Jahr weniger Schweizer den südlichen Nachbar besuchen – aber bereit sind, mehr Geld dafür auszugeben. Auch Marco Montini, Direktor der Italienischen Zentrale für Tourismus (Enit) in Frankfurt, sieht den Rückgang nicht im Umstand, dass Italien eine der teuersten Destinationen Europas ist. Grossen Nachholbedarf gäbe es aber bei der Infrastruktur, bei Transportmitteln wie Flug, Bahn, Auto und Schiff sowie bei der Hotellerie. Doch der wichtigste Punkt für Montini ist die Qualität. Für die modernen Luxus- und Fünfsternhotels ist der Gast gerne bereit, mehr zu bezahlen. Doch der grösste Teil der Hotellerie, die Italien als Reiseziel gross machte, ist veraltet – das Personal oft schlecht ausgebildet.

Über den Preis kann und will Italien nicht mit Ländern wie Türkei, Kroatien oder Spanien konkurrenzieren. Nur eine klare Verbesserung der Qualität in allen Bereichen wird Italien für die Gäste wieder attraktiver machen und das Land wieder an die europäische Spitze führen.